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Unter den Begriffen digitale Spaltung, digitale Kluft oder digitale Ungleichheit (englisch „digital divi-
de“, „digital gap“, „digital inequality“) werden Unterschiede in den Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten
von digitalen Medien, vor allem dem Internet, diskutiert. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Zugang
zum Internet und die Nutzung von digitalen Medien, im Sinne moderner Kulturtechniken, soziale, wirt-
schaftliche und politische Auswirkungen haben. So wird zum Beispiel argumentiert, dass Menschen mit
dem Zugang sowie dem Wissen und der Fähigkeit, Medien kompetent zu nutzen, mehr Chancen haben,
zum Beispiel um berufliche Kontakte zu knüpfen oder auf wichtige Informationen zurückzugreifen.
Das Problem der digitalen Spaltung wurde seit den 1990er Jahren zunächst hauptsächlich als Frage des
Internetzugangs thematisiert. Trotz einer zunehmenden, globalen Internetversorgung, auch durch die Nut-
zung von mobilen Technologien, wird das Problem des Internetzugangs für manche Gruppen reduziert, für
andere jedoch noch nicht gelöst. So sind nach wie vor deutlich mehr Menschen mit Beschäftigung online
als Menschen ohne Arbeit (Initiative D21, 2012). Auch Frauen werden in vielen Ländern aus kulturellen,
politischen oder religiösen Gründen von der Internetnutzung ausgeschlossen (Intel, 2012). Parallel zum
Problem des Internetzugangs werden zusätzlich neue Formen digitaler Spaltung diskutiert. Die neuen For-
men der digitalen Spaltung hängen häufig mit Ungleichheiten außerhalb des Internets zusammen.
Vor diesem Hintergrund ist von zwei Stufen beziehungsweise einer doppelten digitalen Spaltung die Re-
de. Neben der ersten Stufe der technisch bedingten Zugangskluft bezieht sich die zweite Stufe, sogenannte
„Second Level Digital Divide“, auf die soziale, kulturell- und bildungsbedingte Spaltung (Hargittai, 2002;
Bonfadelli, 2002). Diese Art von Spaltung spiegelt sich in der Qualität der Mediennutzung wider. Dabei
knüpft die Argumentation zur doppelten digitalen Spaltung an die These der Wissenskluft an. Diese besagt,
dass die Verbreitung von Massenmedien nicht zwingend zu einer kompetenteren oder besser informierten
Gesellschaft führt. Im Gegenteil, durch den Zuwachs an Informationsmöglichkeiten und den erhöhten In-
formationsfluss werden Spaltungen in der Gesellschaft vertieft, zum Beispiel zwischen den bildungsaffinen
und den bildungsfernen Bevölkerungssegmenten (Bonfadelli, 2002).
Digitale Spaltung ist ein multidimensionales Phänomen und hängt mit sozialen Ungleichheiten außer-
halb des Internets zusammen.
In der Debatte um die digitale Spaltung ist häufig von Exklusion die Rede. Der Begriff „Exklusion“ — als
Gegenbegriff zu Inklusion — wird im Sinne der Ausschließung verwendet. Dabei kann es sich sowohl um
eine Ausschließung aus der Gesellschaft als auch in der Gesellschaft handeln (Kronauer, 2010). Exklusion
durch digitale Spaltung kann verschiedene Formen annehmen. So ist beispielsweise mit einem zunehmen-
den sozialen Druck, digitale Medien nutzen zu müssen, um soziale Teilhabe und Zugehörigkeit zu bewah-
ren, die Gefahr verbunden, aus einem Freundes- oder Bekanntenkreis ausgeschlossen zu werden. Die neuen
Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit wirken sich nicht nur auf das soziale Miteinander, son-
dern auch auf das berufliche und politische Leben aus. So sind Menschen ohne Zugang zum Computer oder
Internet aus den wichtigen Teilen der gesellschaftlichen Kommunikation ausgeschlossen. Auch die Unter-
schiede in der gesellschaftlichen Partizipation werden durch den Zugang und Nutzung von digitalen Medi-
en verstärkt. Laut der aktuellen Studie von Intel (2012) mit dem Titel “Women and the web”, bleiben Mäd-
chen und Frauen in vielen Entwicklungsländern von der Internetnutzung fern, sei es aufgrund eines be-
schränkten Zugangs zu internetfähigen Geräten, Analphabetismus oder kultureller Überzeugungen, unter
anderem es sei unangemessen, wenn Frauen Internet nutzen (Intel, 2012). Auch frühere Studien weisen auf
einen geringen Frauenanteil der Internetnutzenden, der bei ca. 25 Prozent in Afrika, 22 Prozent in Asien
und 6 Prozent im Nahen Osten lag (Hafkin & Taggart, 2001; Hafkin, 2006).
Exklusion ist ein Gegenbegriff von Inklusion und beschreibt eine Ausschließung, zum Beispiel aus einer
sozialen Gruppe, die zu einer Verstärkung der digitalen Spaltung führen kann.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569