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Wenn wir hier nach Regeln für gute visuelle Gestaltung fragen, so ist es zunächst wichtig festzuhalten,
dass wir von der Gestaltung zur Optimierung der Wahrnehmungssituation (zum Beispiel Lesbarkeit, Er-
kennbarkeit) sprechen und nicht von der reinen Ausschmückung eines Textes. Betrachtet man das Dreige-
stirn Effektivität, Effizienz sowie Zufriedenheit, spielen natürlich gerade beim letzten Punkt die Ästhetik,
Emotionen, andere individuelle Präferenzen etc. eine wesentliche Rolle, die durchaus ein erfolgreiches Ler-
nen begründen. Siehe hierzu beispielsweise Norman (2005).
Die gestalterische Reduktion und Strukturierung von Inhalten mit hoher Informationsdichte gibt dem
Auge des Lernenden erst den nötigen Raum, um sich beispielsweise auf dem Papier oder Bildschirm orien-
tieren zu können. Wie bereits oben erwähnt, kann dabei die Wahrnehmungssteuerung sowohl bottom-up als
auch top-down vorgenommen werden. Einfach ausgedrückt: Die Gestaltung soll den Lernprozess gewinn-
bringend unterstützen!
Die optimale Form für einen Inhalt wird auf der Ebene des Zielpublikums, der (regelmäßigen) Struktur
der Wahrnehmungsfläche oder des Medienkanals (klare, einheitliche Layouts beziehungsweise Grundras-
ter) und der angemessenen Typografie (klares, einheitliches Schrift-, Bild- sowie Farbkonzept) erarbeitet.
Vor diesem Hintergrund sind die wichtigsten Praxistipps aus Sicht des Visual Design zunächst sehr allge-
mein:
Stets den kommunikativen und gestalterischen Kontext berücksichtigen und innerhalb des vorgege-
benen Konzeptes arbeiten (Rückfragen bei den Verantwortlichen ist sinnvoll).
Wenn Abweichungen von einem generell eingeführten typografischen bzw. gestalterischen Konzept
erforderlich sind (zum Beispiel Schriftgröße, Spaltenbreite oder vergleichbare Einheiten), dann soll-
ten gut wahrnehmbare Unterschiede, Abstände oder Positionen gewählt werden.
Stets genügend Raum (sogenannten Weißraum) für die Orientierung der Augen des Lesenden lassen.
Auszeichnungen (fett oder kursiv) sparsam einsetzen. Unterstrichener Text gehört in die Schreibma-
schinenwelt und nicht in die moderne Textverarbeitung. Wichtig ist hierbei, dass eine Unterstrei-
chung in Online-Medien (zum Beispiel bei Überfahren mit der Maus, dem sogenannten onmouseo-
ver) mehrheitlich als Hyperlink verwendet wird, der zu weiteren Hinweisen überleitet.
Folgende beispielhafte Tipps aus der Praxis nach Rakoczi (2010) können Sie einsetzen, um die Augen der
Lernenden (unbewusst) zu lenken:
Beachten Sie, dass der untere Bildschirmbereich visuell benachteiligt ist. Platzieren Sie demnach -
soweit es geht - die Kernaussagen des Lernmaterials in der oberen Bildschirmhälfte. Extensives
Scrollen sollte vermieden werden.
Bei dem visuellen Einstieg in Lernmaterial am Bildschirm werden zunächst Titel, Schlagzeilen so-
wie Bilder mit hoher Informationsdichte fixiert. Navigationselemente, Bilder mit niedrigem Infor-
mationsgehalt (im Sinne der sogenannten banner blindness) sowie Textblöcke werden erst danach
wahrgenommen. Beachten Sie dabei aber, dass Texte auch im Online-Setting „Träger des Wissens“,
und über den Fortlauf des Lernprozesses der am längsten fixierte Medientyp sind.
Splitten Sie große Textblöcke in kleinere Einheiten von etwa 150 Wörtern auf, um diese visuell
leicht erfassbar zu machen.
Gesichter von Menschen wirken in Abbildungen wie visuelle Magnete. Berücksichtigen Sie diesen
Effekt, um die visuelle Aufmerksamkeit bewusst zu lenken, respektive um diesen visuellen Einfluss
zu verhindern.
Beachten Sie, dass Farben, Piktogramme, Abbildungen sowie die Leserichtung nicht kultur-invari-
ant sind. Lernmaterialien sollten demnach auf die Zielgruppe abgestimmt sein.
An dieser Stelle sei zudem darauf hingewiesen, dass für die visuelle Gestaltung zahlreiche auf Heuristiken
basierende Richtlinien, Guidelines, Faustregeln etc. existieren. Diese sind nicht in jedem Fall empirisch
fundiert und liegen nicht im Fokus dieser Arbeit. Lesende werden daher auf eine weiterführende Recherche
verwiesen.
Das Lernen mit Technologien findet heute kaum mehr primär über statische Benutzer/innen-Oberflächen
statt - wie dies zum Beispiel bei einem gedruckten Buch ausschließlich der Fall ist. Im Gegenteil, technolo-
gische Lernanwendungen stehen geradezu für dynamische Inhaltsdarstellungen sowie für Interaktionen
zwischen Mensch und System. Werden dabei über Benutzer/innen-Oberflächen neue Inhalte dargeboten,
kann es sein, dass für Lernende diese Veränderung keineswegs unmittelbar visuell ersichtlich ist. Beispiels-
weise nehmen Sie an einem Onlinetest teil. Sie glauben, die Fragen der aktuellen Seite im Browser beant-
wortet zu haben und klicken auf „Weiter“. Doch es geschieht nichts - denken Sie!
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569