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Im Mathematikunterricht spielt Tabellenkalkulation eine wesentliche Rolle. Tabellenkalkulationssoftware
kann Lernende von einfachen, oftmals wiederkehrenden Berechnungen befreien und so kognitive Ressour-
cen für das tiefere Verständnis von Lerninhalten freiräumen: Routineaufgaben werden vom Computer ge-
löst, während sich die Lernenden anspruchsvolleren Aufgaben widmen können. Der Computer übernimmt
dabei die Funktion des (funktionsmächtigeren) Taschenrechners. So können beispielsweise Daten von na-
turwissenschaftlichen Experimenten einfach ausgewertet werden, ohne dass dabei Kenngrößen wie Mittel-
werte und Standardabweichungen von den Lernenden selbst berechnet werden müssen.
In diese Kategorie gehören auch Computeralgebrasysteme, die den Lernenden algebraische Umformun-
gen abnehmen können. Der Einsatz des Computers als Rechenwerkzeug hängt von den gesetzten Lernzie-
len ab: Wenn bestimmte Berechnungsroutinen erlernt werden sollen, dann sollte man vom Einsatz des
Computers oder Taschenrechners absehen oder ihn allenfalls zur Überprüfung der Ergebnisse einsetzen.
Sollen sich die Lernenden hingegen Problemaufgaben widmen, dann kann der Computer zu einer Entlas-
tung von Routineaufgaben beitragen.
Ein weiterer Aspekt des Computers als Rechenwerkzeug berührt die Frage, wie das Berechnungsprinzip
eines Programms (oder einer Programmierung) selbst zum Lerngegenstand werden kann, um so das Schü-
lerrepertoire an verfügbaren Heuristiken für die Lösung von komplexen Problemstellungen zu erweitern.
So bilden zum Beispiel Tabellenkalkulationssysteme das reduktionistische Problemlöseprinzip ‚Teile und
Herrsche‘ dadurch ab, dass die Gesamtlösung eines Problems auf die Vernetzung von Lösungen separierter
Teilprobleme verweist, die auf mehrere Zellen des Kalkulationsblattes oder anderer Kalkulationsdateien
verteilt sind (Gieding & Vogel, 2012).
Lernende können die Berechnungskapazitäten des Computers nutzen, um Hypothesen schnell zu testen, oh-
ne jedes Mal selbst wieder alle Rechnungen durchzuführen. So können sie beispielsweise Zufallsexperi-
mente mit dem Computer simulieren: Mit Hilfe einer Tabellenkalkulation kann ein virtueller Würfel auf
Knopfdruck beliebig oft geworfen werden, und das Resultat kann sofort mit Hilfe von Diagrammen visuali-
siert werden. Ebenso dienen dynamische Geometriesysteme (DGS) der Exploration. Im Gegensatz zu geo-
metrischen Konstruktionen auf Papier oder auf der Tafel können Konstruktionen in einem DGS dynamisch
verändert werden. Wird beispielsweise der Thaleskreis konstruiert, so kann man mit einem DGS die Größe
des Winkels am Kreisbogen explorativ untersuchen, indem man die entsprechende Ecke des Dreiecks ent-
lang des Kreisbogens bewegt, oder umgekehrt lässt sich der Thaleskreisbogen als Spur eines variablen
Punktes über einer Strecke finden, dessen Verbindungslinien zu Anfangs- und Endpunkt der betreffenden
Strecke einen rechten Winkel einschließen.
Phänomene in der Natur sind nicht immer im Original ‚erlebbar‘, und naturwissenschaftliche Versuche sind
zuweilen entweder zu kostspielig, aufwändig, zeitintensiv, schlecht realisierbar oder schlicht zu gefährlich,
um sie im Unterricht real durchzuführen. Mit Hilfe von computergestützten Technologien lassen sich bei-
spielsweise durch Simulationen die relevanten Grundlagen für das Verständnis von Phänomenen eigenstän-
dig erarbeiten, dokumentieren und interpretieren. Mit Hilfe von Sensoren können zudem Daten der ‚wirkli-
chen Welt‘ generiert und in einer virtuellen Welt verarbeitet, interpretiert und zusammengefasst werden. So
können Funktionsweisen des menschlichen Körpers, wie beispielsweise die elektrische Aktivität des Her-
zens, mit einfachen Schnittstellen erfasst, bearbeitet und mit geeigneten digitalen Werkzeugen ausgewertet
werden. Darüber hinaus bieten Simulationen wie die interaktiven Bildschirmexperimente (IBE) (Kirstein &
Nordmeier, 2007) die Möglichkeit, die Funktionsweise von Geräten zu erkunden, ohne Gefahr zu laufen,
reale Geräte zu beschädigen. Nach der Explorationsphase am Computer können die Lernenden zur Bedie-
nung der echten Geräte zugelassen werden. Je nach erwünschtem Lernziel können aber auch virtuelle Ex-
perimente (siehe Kapitel #labor) die reale Durchführung ersetzen, wenn wenig Zeit oder finanzielle Res-
sourcen für naturwissenschaftliche Experimente zur Verfügung stehen. Grundsätzlich steht hier die kogniti-
ve Aktivierung im Vordergrund, das haptische Handhaben von Messgeräten führt nicht unbedingt zu besse-
ren Lernerfolgen.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Titel
- L3T
- Untertitel
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Herausgeber
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Verlag
- epubli GmbH
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 594
- Schlagwörter
- L3T, online
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569