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gewiesen (ebd.), die aber nicht etwa mit einem besonderen Objektbereich be-
gründet worden sei, sondern vielmehr mit einem spezifischen Erkenntnisinte-
resse:
„Eine besondere Rolle der Erziehungswissenschaft für die Bildungsforschung ergibt sich
daher nur, soweit für sie das Interesse an einer Verbesserung der Möglichkeiten und Bedin-
gungen der Entwicklung und Entfaltung der Menschen erkenntnisleitend ist.“ (Zedler 2018:
23)2
Der Versuch, die Besonderheit erziehungswissenschaftlicher Beiträge zur Bil-
dungsforschung über einen spezifischen Gegenstandsbereich der Disziplin zu
begründen, erscheint vor diesem Hintergrund als wenig aussichtsreich. Das
hatte Wolfgang Brezinka bereits 1978 konstatiert:
„Die Behauptung, die Erziehungswissenschaft habe einen Gegenstand, der von den Gegen-
ständen der ‚Nachbarwissenschaften‘ Psychologie und Soziologie gänzlich verschieden sei,
läßt sich ebensowenig halten wie der Anspruch auf eine nur ihr eigentümliche Methode.“
(Brezinka 1978: 69)
Auch in neueren Veröffentlichungen sind im Zusammenhang mit Beschrei-
bungen des Objektfelds der Bildungsforschung kaum Aussagen über eine Son-
derstellung der Erziehungswissenschaft zu finden. So benennt etwa Manfred
Prenzel als Gegenstandsbereich der Bildungsforschung „Voraussetzungen,
Prozesse und Ergebnisse von Bildung über die Lebensspanne, und zwar inner-
halb wie außerhalb von (Bildungs-)Institutionen und im gesellschaftlichen
Kontext“ und fährt fort:
„Ihr [der Bildungsforschung; Anm. HCK] Anliegen ist es, die Bildungswirklichkeit zu ver-
stehen und zu verbessern; sie zielt auf grundlegendes und anwendungsbezogenes Wissen,
auf Beschreibungs-, Vorhersage-, Erklärungs- und Veränderungswissen“ (Prenzel 2006, zit.
n. Zedler 2018: 26).
War in den 1970er Jahren eine besondere Bedeutung der Erziehungswissen-
schaft für die Bildungsforschung noch mit deren Interesse an der Verbesserung
menschlicher Entwicklungsmöglichkeiten begründet worden, wird das Inte-
resse an „Veränderungswissen“ (neben dem Interesse an Beschreibung, Prog-
nose und Erklärung) nun der Bildungsforschung als ganzer zugewiesen, ohne
dabei der Erziehungswissenschaft eine Sonderstellung einzuräumen.
Noch am nächsten kommt dem klassischen Argument, wonach sich eine
wissenschaftliche Disziplin über ihren besonderen Gegenstandsbereich defi-
nieren lasse, die Argumentation von Peter Zedler und Hans Döbert, die das
Spezifikum des erziehungswissenschaftlichen Beitrags zur Bildungsforschung
im „Blick für das Ganze pädagogischer Prozesse“ und der „darin verankerte[n]
Reflexivität gegenüber den im Bildungsbegriff indizierten Aufgabenstellun-
gen“ sehen (Zedler/Döbert 2010: 40). Diese Argumentation könnte so gedeutet
2 Auf dieses Argument wird weiter unten noch zurückzukommen sein.
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Buch Lernprozesse über die Lebensspanne - Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern"
Lernprozesse über die Lebensspanne
Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Titel
- Lernprozesse über die Lebensspanne
- Untertitel
- Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
- Autoren
- Monika Kastner
- Jasmin Donlic
- Barbara Hanfstingl
- Herausgeber
- Elisabeth Jaksche-Hoffman
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8474-1467-4
- Abmessungen
- 14.7 x 21.0 cm
- Seiten
- 190
- Kategorie
- Lehrbücher