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ausfindig machen, die einzig und allein von der Erziehungswissenschaft bear-
beitet würden oder werden könnten. Im Blick auf den Gegenstandsbereich der
Bildungsforschung besteht ein besonderer Zugang der Erziehungswissenschaft
vielmehr in einer spezifischen Perspektive auf dieses Gegenstandsfeld, die sich
aus der besonderen Theorietradition des Faches wie etwa der Unterscheidung
von Bildung und Erziehung, einer Vielzahl einschlägiger Bildungs- und Erzie-
hungstheorien sowie der Frage nach der Ermöglichung von Bildung durch Er-
ziehung ergibt. In diesem Sinne besteht ein wichtiger Beitrag der Erziehungs-
wissenschaft zur Empirischen Bildungsforschung im Zur-Verfügung-Stellen
eines begrifflichen und theoretischen Rahmens für Fragestellungen und Ge-
genstandskonstruktionen (der hier nur sehr knapp skizziert werden konnte).
Ebenso wenig wie ein eigener Gegenstandsbereich erziehungswissen-
schaftlicher Bildungsforschung lässt sich eine exklusive Methode der Erkennt-
nisgewinnung ausweisen, über die nur die Erziehungswissenschaft allein ver-
fügen würde. In Bezug auf die Methodenfrage lässt sich eine Besonderheit der
Erziehungswissenschaft, wenn überhaupt, so vor allem durch den Verweis auf
ihr plurales Verständnis von Forschungsmethoden begründen, das sie etwa
vom Methodenmonismus der fast ausschließlich dem quantitativen bzw. hy-
pothesenprüfenden Paradigma verpflichteten Psychologie unterscheidet.
Aussichtsreicher erscheint demgegenüber der Versuch, einen spezifischen
Zugang der Erziehungswissenschaft zur Bildungsforschung mit ihrem beson-
deren Verhältnis zur pädagogischen Praxis zu begründen, das sich aus ihren
Aufgaben als anwendungs- und professionsbezogene Forschungs- und Ausbil-
dungsdisziplin ergibt. Die eigenständige Bedeutung der Erziehungswissen-
schaft besteht dabei insbesondere in ihrer Funktion, das von den verschiedenen
an Bildungsforschung beteiligten Disziplinen entwickelte Wissen im Blick auf
die Fragen und Probleme der pädagogischen Praxis sowie der Aus- und Wei-
terbildung pädagogischer Fachkräfte zu integrieren.
Eng verbunden mit dem Praxisbezug erwies sich schließlich als Besonder-
heit der Erziehungswissenschaft ihre polyvalente Stellung zum Normativitäts-
problem, die aus dem Spannungsverhältnis zwischen widerstreitenden Erwar-
tungen an die Disziplin resultiert, nämlich einerseits werturteilsfrei empirische
Forschung zu betreiben und andererseits den in der Praxis Tätigen handlungs-
orientierendes Wissen zur Verfügung zu stellen. Diese Polyvalenz muss jedoch
nicht als Defizit, sondern kann vielmehr als ein spezifisches Potenzial verstan-
den werden, das es der Erziehungswissenschaft erlaubt, als Forschungsdiszip-
lin empirische Erkenntnisse über Gegenstände der Bildungsforschung hervor-
zubringen und sich als anwendungs- und professionsbezogene Disziplin – un-
ter Wahrung von Standards rationaler Argumentation und in Anerkennung der
Differenz zwischen deskriptiv-analytischen und normativen Aussagen – an der
Diskussion normativer Fragen zu beteiligen und dabei auf vorliegende Kon-
zepte zur Begründung, Zielbestimmung und Kritik pädagogischen Handelns
zurückzugreifen. Die besondere Stellung der Erziehungswissenschaft in der
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Buch Lernprozesse über die Lebensspanne - Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern"
Lernprozesse über die Lebensspanne
Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Titel
- Lernprozesse über die Lebensspanne
- Untertitel
- Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
- Autoren
- Monika Kastner
- Jasmin Donlic
- Barbara Hanfstingl
- Herausgeber
- Elisabeth Jaksche-Hoffman
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8474-1467-4
- Abmessungen
- 14.7 x 21.0 cm
- Seiten
- 190
- Kategorie
- Lehrbücher