Seite - 106 - in Lernprozesse über die Lebensspanne - Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Bild der Seite - 106 -
Text der Seite - 106 -
106
Mit der Sicht auf Bildung als Exportschlager (Lenton 2007; Conlon/Litsch-
field/Sadler 2011; IMOVE 2010; Kellermann 2011) auf internationalen Märk-
ten hat sich der Bildungsbegriff von einem ursprünglich weiten Verständnis
auf eine, dem wirtschaftsbezogenen Zeitgeist entsprechend, enge Perspektive
beschränkt. Dieser Beschränkung des Bildungsbegriffs als Exempel für allge-
meine Verengung des Denkens zu widerstehen, galt der vorliegende Versuch,
Bildung sozialwissenschaftlich zu interpretieren.
Resümee
Der „Zustand der Welt“ hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal und schnel-
ler verändert als jemals zuvor. Er wird dies in Hinsicht auf aktuelle Entwick-
lungen wie z.B. „Industrie 4.0“, „digitale Revolution“, „Internet der Dinge“
und weitere Herausforderungen (beschleunigtes Wachstum der Erdbevölke-
rung, Klimawandel, Energieknappheit, Transhumanismus …) künftig vermut-
lich noch viel stärker tun. Schon heute finden Bildung und Ausbildung junger
Menschen deutlich mehr als früher unter (a) zunehmender Komplexität20 von
Lebensbedingungen (= neue Unübersichtlichkeit), (b) vielfältigen Verände-
rungsdynamiken und Turbulenzen (mit hohem Grad an Ungleichzeitigkeiten
multidimensionaler Probleme) sowie (c) einer Globalisierung der Herausfor-
derungen (= multinationaler Interdependenzen) statt.
Nach und mit dem Verstehen von Bildungsprozessen sollte daher das Ziel
sein, junge Menschen auf jene Herausforderungen und ihre künftigen Entwick-
lungen vorzubereiten; auch darauf, dass sie es schaffen können, verändernd
einzugreifen und den Wandel nicht nur hinzunehmen, wie er vonstattengeht.
Insbesondere gefordert ist damit die Verknüpfung von Wissen, Handlungsfä-
higkeit und Handeln. Doch um dieses Ziel erreichen zu können, muss zuerst
verstanden werden, was Bildung ihrem Wesen nach ist; dafür wurde in der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts versucht, „Bildungswissenschaften“ (Kel-
lermann 1969) zu begründen; sie konnten sich aber nur nominell, nicht wirk-
lich etablieren, weil der normative Bildungsbegriff vorherrschte; dieser ist die
Basis der sogenannten Bildungspolitik. Insofern haben die Bildungswissen-
schaften weitgehend in der Aufgabe versagt oder versagen müssen, eine nicht-
normative Bildungstheorie als Grundlage erfolgreicher Bildungspolitik zu ent-
wickeln – zu stark beherrschte der politische Zeitgeist auch selbst die sich als
20 „Der Ruf nach Bildung taucht immer dort auf, wo man sonst keine Lösung sieht – von der
Integration über Suchtprävention bis zur Geschlechtergerechtigkeit. Überall schreien Exper-
ten nach dem Zaubermittel Bildung.“ „… weil die Größe der Bildungsaufgabe gar nicht ernst
genommen wird …“ (Belfkih 2018: 25).
zurück zum
Buch Lernprozesse über die Lebensspanne - Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern"
Lernprozesse über die Lebensspanne
Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Titel
- Lernprozesse über die Lebensspanne
- Untertitel
- Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
- Autoren
- Monika Kastner
- Jasmin Donlic
- Barbara Hanfstingl
- Herausgeber
- Elisabeth Jaksche-Hoffman
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8474-1467-4
- Abmessungen
- 14.7 x 21.0 cm
- Seiten
- 190
- Kategorie
- Lehrbücher