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Formate „partizipativer Forschung und transdisziplinärer Wissenschaft“ (ebd.:
16) erleben derzeit in Österreich (und auch in Kärnten) eine Hochkonjunktur
und/oder eine Renaissance – je nachdem, ob man diese in der Entwicklungsli-
nie einer gwo EB und/oder Aktionsforschung betrachten will. Vielleicht ent-
stehen sie gegenwärtig mit dem Anspruch einer Alternative zu Ökonomisie-
rungstendenzen im Bildungsbereich oder in kritischer Auseinandersetzung mit
Lernsettings und -formaten, die ausschließlich verwertungsorientiert wirken.
Community-Education-Instrumente werden allerdings gleichwohl ambiva-
lent nämlich zwischen Systemerhaltung und Systemkritik eingesetzt: So
können beispielweise Instrumente der GWA oder Maßnahmen der Aktionsli-
nie 6 zur „Verstärkung ‚Community-Education‘-Ansätzen“ (BMUKK et al.
2011: 32) sowie beispielsweise ganze EU Programme wie das der Lernenden
Region u.U. aus (macht)kritischer Sicht als programmatische oder system-af-
firmative Bildungssteuerungsinstrumente verstanden werden, weil „das Regie-
ren zunehmend [...] über zivilgesellschaftliche Instanzen [...] funktioniert“
(Stövesand 2007: o.S.). Formate der Community-Education finden also auch
im Sinne post-demokratischer „Gouvernementalität“6 (Foucault 2000; 2004a;
2004b) Verwendung (vgl. ebd.).
„Regierung operiert nicht mehr nur mit expliziten oder indirekten Verboten, mit Autorität
und Repression, sondern mit der Erfindung und Förderung von Selbsttechnologien, die an
Regierungsziele gekoppelt sind (Bröckling/Lemke/Krasmann 2000: 29). Im neoliberal ge-
prägten Staat ist diese Entwicklung besonders ausgeprägt.“ (Stövesand 2007: o.S.)
Es tut sich also für die Erwachsenenbildungswissenschaft ein großer Gestal-
tungsraum auf, nämlich die Erforschung von Methoden, Formaten, Instrumen-
ten und (offenen) Lernräumen sowie von historisch belegten, wissenschafts-
theoretisch-epistemologischen Brückenschlägen zwischen einer institutionel-
len Erwachsenenbildung und einer Community-basierten („freien“) Bildungs-
arbeit. Letztere scheint sich nämlich in gegenwärtigen sozialen Bewegungen
und/oder in bürgerschaftlichem Engagement vermehrt niederzuschlagen (siehe
dazu auch Faulstich/Trumann 2016). Trotz kritisch-abwägender Einschätzung
genannter Formate richtet sich die hier vorgestellte Studie in ihrem Begrün-
dungszusammenhang auf eine am Gemeinwesen orientierte österreichische Er-
wachsenenbildungspraxis und -historie (vgl. Filla 2014).
6 „Der Begriff Gouvernementalität umfasst (…) die Wechselseitigkeit von Machttechniken
(Macht verstanden als Fähigkeit, das eigene und das Handeln anderer zu bestimmen) und Wis-
sensformen bzw. politischen Programmen. (…) Mit Gouvernementalisierung bezeichnet
Foucault insgesamt einen Prozess, in dessen Verlauf sich der Staat seit dem 16., insbesondere
aber seit dem 18. Jahrhundert immer weiter vor verlagert, so dass das Regieren sich nicht mehr
nur an staatlichen Institutionen festmacht, sondern zunehmend an zivilgesellschaftlichen In-
stanzen und an Praxen der Selbstführung oder Selbstbestimmung - sich also in die Individuen
selbst hineinverlagert (Foucault 2000b: 69).“ (Stövesand 2007: o.S.)
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Buch Lernprozesse über die Lebensspanne - Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern"
Lernprozesse über die Lebensspanne
Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Titel
- Lernprozesse über die Lebensspanne
- Untertitel
- Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
- Autoren
- Monika Kastner
- Jasmin Donlic
- Barbara Hanfstingl
- Herausgeber
- Elisabeth Jaksche-Hoffman
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8474-1467-4
- Abmessungen
- 14.7 x 21.0 cm
- Seiten
- 190
- Kategorie
- Lehrbücher