Seite - 33 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Bild der Seite - 33 -
Text der Seite - 33 -
33 | www.limina-graz.eu banalsten Tätigkeiten.“ (Bröckling 2007, 161) Vor allem aber: Kreativität
ist markt bezogen. „Kreativ ist das Neue, das sich durchsetzt.“ (Bröckling
2007, 169) Empowerment wiederum ist „gleichermaßen Ziel, Mittel, Pro-
zess und Ergebnis persönlicher wie sozialer Veränderungen“ (Bröckling
2007, 180). Ziel ist es, durch Handeln die Selbstbestimmung und Mündig-
keit der Adres saten sowie des Handelnden zu vergrößern. „Es gibt in die-
ser Perspek tive keine Schwächen, sondern nur in die Latenz abgedrängte
Stärken.“ (Bröckling 2007, 196) Das „positive Denken“ diverser Coaches
vermarktet solches Empowerment zu Höchstpreisen.
Und es gibt immer etwas zu verbessern. Es geht darum, in einem „pan-
optische[n] System wechselseitiger Beobachtung und Beurteilung“ eine
„Dynamik permanenter Selbstoptimierung in Gang“ (Bröckling 2007, 16–
17) zu setzen. Qualität kann stets verbessert werden: die Geburtsstunde des
„Total Quality Management“ und des „360°-Feedback“. Bereits getroff
ene
Entscheidungen müssen konsequent überdacht und wenn nötig revidiert
werden. Das „unternehmerische Selbst“ hält, wie jeder Unternehmer, stets
Ausschau nach neuen Möglichkeiten, eine zentrale Eigenschaft des Un-
ternehmers ist die Findigkeit. Da jede Handlung eine Auswahl zwischen
mehr oder minder attraktiven Optionen darstellt, ist das Nutzen von Ge-
winnchancen aber natürlich immer spekulativ und mit Risiken verbunden,
da sich solches Kalkül auf eine Zukunft bezieht, die zwar abgeschätzt, aber
nicht restlos erkannt werden kann.
Das unternehmerische Selbst kann sich mithin nur sehr bedingt auf vor-
liegende Pläne stützen, es muss sich bewähren gerade in dem, was noch
nicht erprobt ist. Wie jeder Unternehmer trägt es enorme Risiken. „Nur
weil viele den Ausgang ungewisser Handlungen oder Ereignisse falsch ein-
schätzen, können jene, die dabei eine glücklichere Hand haben, Gewinne
realisieren.“ (Bröckling 2007, 119) Auch der Konsum muss dabei übrigens
als unternehmerische Tätigkeit verstanden werden, als Einsatz der knap-
pen Ressourcen Zeit und Geld mit dem Ziel optimaler Befriedigung. Der
Mensch steht unter ständigem Entscheidungszwang. Genau das aber macht
ihn regierbar: „Wenn der Einzelne seinen Nutzen zu maximieren sucht,
kann man seine Handlungen steuern, indem man deren Kosten senkt oder
steigert und so das Kalkül verändert.“ (Bröckling 2007, 90)
Rainer Bucher | Die aktuelle Logik der Welt
Das unternehmerische Selbst muss sich bewähren
gerade in dem, was noch nicht erprobt ist.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 1:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 236
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven