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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
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99 | www.limina-graz.eu Religionsgruppen. Der Bürgerkrieg zwischen den Milizen der religiösen Gemeinschaften in wechselnden Allianzen von 1975 bis 1990 schließlich riss das gesellschaftliche Gefüge entlang bereits politisierter religiöser Identitäten weiter auseinander. Eine große Rolle spielten dabei die öko- nomischen Eliten der jeweiligen Gemeinschaft, welche nicht selten den Zusammenhalt der eigenen religiösen Gruppe gegenüber anderen aus poli- tischem und wirtschaftlichem Interesse beschwörten.2 Konstruktivistische Konflikt dynamiken sind mit Sicherheit von Relevanz zur Beschreibung der Vorgänge, wobei aber wohl instrumentalistische Kausalitäten dominieren. Die traditionelle Vormachtstellung der Sunniten gegenüber den Schiiten im Irak bildet das Fundament des Misstrauens zwischen den Bevölkerungs- gruppen. Doch die entscheidende Wegmarke für die gegenwärtigen Ent- wicklungen stellen die UN-Sanktionen der 1990er-Jahre gegen den Irak dar. Diese führten zu einer weiteren ökonomischen Prekarisierung der Schiiten zugunsten der sunnitischen Minderheit, was zur signifikan- ten Politisierung der Schiiten beitrug. Nach dem Sturz Saddam Husseins und der Umkehrung der vorherigen Unterdrückungssituation nach dem Machtwechsel zugunsten der schiitischen Mehrheit brachen die verblie- benen Überreste sozialer Kohäsion weg.3 In Syrien hatte die tendenzielle Begünstigung der alawitischen Minderheit gegenüber der sunnitischen Mehrheit seit der Übernahme durch Hafez al-Assad zu politischem Wider- stand im Zeichen der sunnitisch-islamischen Identität geführt. Aus dem politischen Ressentiment der sunnitischen Mehrheit, von einer Minderheit regiert zu werden, wurde entlang jahrhundertealter Diskurse über religiöse Häresie und Teufelsanbetung seitens der Alawiten ein Konflikt um religiöse Identitäten. Diese Dynamik gipfelte im Jihad durch radikale Flügel der sun- nitischen syrischen Muslimbrüder, dem mit dem Massaker von Hama sei- tens des Regimes im Jahre 1982 ein jähes Ende gesetzt wurde. Der Jihad in Syrien ab 2012 von jihadistisch-salafistischen Milizen kann durchaus als Fortsetzung jener Dynamik beschrieben werden. Während hierbei sicher auch partikulare Eliteninteressen von Bedeutung sind, scheinen vor allem konstruktivistische Dynamiken für den Prozess der religiösen Transfor- mation des Konfliktes maßgebend zu sein. Dennoch fühlen sich weite Teile der sunnitischen Bevölkerung Syriens dem Regime weiterhin treu verpflichtet. Rogers Brubakers (2002) hat darauf hingewiesen, dass Gruppenkohäsion niemals vollständig ist. Gruppen sind keine natürlichen Entitäten, sondern Phänomene, die aus einem gewissen Grad der Identifikation von Individuen mit Identitäten resultieren. So lässt sich etwa nachweisen, dass der Grad der Identifikation mit sunnitischen Maximilian Lakitsch | Religion und Konflikt in den Internationalen Beziehungen 2 Für eine ausgewogene Darstellung der modernen Geschichte des Liba- non, die besonders auf die sozio- ökonomischen Aspekte fokussiert, siehe Traboulsi (2007). 3 Für eine umsichtige Aufarbeitung von Politik, Ökonomie und Gesell- schaft im Irak siehe etwa Tripp (2007).
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
1:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
236
Kategorien
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