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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Seite - 132 -
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132 | www.limina-graz.eu gestellten Person. Das, was scheinbar eine besondere Ehre darstellt, ist nur die Vorbereitung, um die Scham über den Missbrauch beim Opfer belassen zu können. Das Zutrauen des Opfers wird ausgenutzt durch eine Nähe, die nur den Täter schamlos macht, aber das Opfer die Scham nicht los bekommen lässt. Selbst wenn der Täter einer Schuld überführt werden sollte, kann er sich in seine Schamlosigkeit zurückziehen, während das Opfer verschämt damit allein gelassen ist, dieser Schamlosigkeit Tür und Tor geöffnet zu haben. Sie bleibt auf dem Opfer lasten und wird zu einem äußerst verschämten Teil seiner Existenz. Dieser Teil erstarrt in ihr und lässt sich nur unter größten Mühen sowie in Ausnahmefällen daraus entfernen. Das geht so weit, dass auch Schuld übernommen wird, die eigentlich zum Täter gehört. In dem oben genannten Bericht heißt es dazu: „Ich wundere mich noch heute, wie ich die diskriminierende, ja entwür- digende Weisung des P. Hermann ertragen und befolgen konnte, wonach man nach Selbstbefriedigung nicht zur Kommunion gehen durfte und alle anderen schienen dann zu wissen, warum! Diese Stigmatisierung hatte der nachmalige Kardinal wohl als eine sehr brauchbare Hilfe an- gesehen, mit diesem Problem fertig zu werden. Und zugleich stand diese Maßnahme in einem unlösbaren Widerspruch zu seinen Aktionen in der Beichte! Dieses Schreiben – so bin ich überzeugt – dürfte an Klar- heit nichts zu wünschen übriglassen. Aber vielleicht drängt sich Ihnen eine Frage auf ‚Warum kommen Sie mit diesen Dingen erst jetzt?‘ Nun, für mich, aber wie ich inzwischen auch weiß, für andere ebenso, wa- ren diese Dinge erst aussprechbar nach den ‚Profil‘-Berichten von 1995 über den Fall Hartmann. Zuvor hatte ich nicht einmal meiner Frau diese Vorkomm nisse zur Gänze erzählt. Sie wußte lediglich einen Bruchteil. Seit dem Jahr 1994 gibt es zudem regelmäßige Treffen von Ex-Göttwei- gern. Es war und ist für mich charakteristisch, daß bei unserem Treffen niemand diesen Themenbereich ansprach. Es glich diese erste Zusam- menkunft am ehesten einem Maturatreffen, wo alte Erinnerungen und monastische Schnurren aufgefrischt wurden. Aber mit dem Fall Hart- mann im März 1995 kam auch unter den Ex-Göttweigern eine Lawine ins Rollen. Ich für meine Person entdeckte, daß ich nicht der einzige war, der diese Dinge erlebt hatte. Es gab auch andere, die davon berührt wa- ren. Somit war ich in der Lage, erstmals darüber zu sprechen. Und ganz Hans-Joachim Sander | Gebrochenes Ver(-)sprechen Selbst wenn der Täter einer Schuld überführt werden sollte, kann er sich in seine Schamlosigkeit zurückziehen, während das Opfer verschämt damit allein gelassen ist.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
1:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
236
Kategorien
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