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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Seite - 138 -
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138 | www.limina-graz.eu Hans-Joachim Sander | Gebrochenes Ver(-)sprechen in der österreichischen Kirche – aber auch darüber hinaus – ein entschie- dener Widerstand gegen sexuellen Missbrauch nachhaltig sein will. Dafür hat die Leitung dieser Kirche eine besondere Verantwortung. Dazu gehört allerdings zugleich ein prekärer Teil, der über diesen einzel- nen Fall weit hinausgeht. Denn der beschriebene feine Unterschied weckt zugleich hochgradig Zweifel daran, ob eine entschiedene Identitätspolitik im Glauben richtig ist und weiter führt. Johannes Paul II stand für sie ein. Es war sein Credo, dass niemand in der Kirche sich des eigenen katholischen Glaubens schämen muss und dafür beschämt werden darf. So weit, so gut. Aber das ist einfach unvollständig, weil es die entscheidenden Fragen nicht stellt. Darum hat dieses Muster sich auch als nicht komplex genug erwie- sen, wie sich nach dem Skandal um Kardinal Groër in der sprunghaft an- schwellenden Aufdeckung von Fällen sexuellen Missbrauchs gezeigt hat. Dieser sichtbare Anstieg der Missbrauchsfälle ist natürlich nicht von die- sem Papst verursacht worden; das zu behaupten, wäre absurd. Aber zugleich sind sie die maßgebliche Signatur seines Pontifikats, weil sie die entschei- denden Anfragen an die katholische Identitätspolitik stellen, derer sich nicht schämen zu dürfen dieses Pontifikat in die Kirche gebracht hat. Selbst die Vergebungsbitten dieses Papstes zum Jahr 2000 werden da- von betroffen. Sie sind in der traditionellen Schuldkultur der katholi- schen Kirche ein herausragendes Ereignis, das großen Respekt verdient (vgl. Johannes Paul II 2000, 120–128). Aber selbst sie waren nicht in der Lage, die Schamkultur des sexuellen Missbrauchs in der Kirche aufzubre- chen, welche die Macht der Täter über die Ohnmacht der Opfer stellt. In der siebten Bitte über die „Sünden auf dem Gebiet der Grundrechte der Person“ wurde durch aus gebetet „für die minderjährigen Opfer des Miss- brauchs“ (Johannes Paul II 2000, 127), doch weder für ihre Scham noch für die Schuld speziell der kirchlichen Täter wurde Vergebung für die Kirche erbeten. Es gibt keinen Sanktionsmechanismus für die sich heilig gerie- rende Unverschämtheit der kirchlichen Täter. Auch dieser große Anklage- und Vergebungsritus für die kirchlichen Sünden findet keine Muster, um sich positiv zur Scham der Opfer und ablehnend zur Unverschämtheit der Täter zu äußern, auch wenn sie darauf abzielen. Daher konnten auch dabei die Täter ihres privilegierten Ortes in der Kirche sicher sein, obwohl der Selbst die Vergebungsbitten des Papstes waren nicht in der Lage, die Schamkultur des sexuellen Missbrauchs in der Kirche aufzubre chen, welche die Macht der Täter über die Ohnmacht der Opfer stellt.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
1:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
236
Kategorien
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