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154 | www.limina-graz.eu Wahrnehmung von Fremdheit elementar für die Momente des
Perspektivenwechsels und des Dialogs ist. Der Andere wird nicht
als Anderer gewürdigt, von dem man sich zu denken gibt, von
dem man sich im Glauben irritieren und bereichern lässt. Er wird
stattdessen in den Mechanismen der Praxis und der Hermeneutik
konstruiert, die sich auf der Linie der bisherigen Argumentation
von Foucault her als Mechanismen der Macht qualifizieren lassen.
Dagegen sollte, so Joachim Willems, religionspädagogisch in den
Blick geraten,
„wie – im Alltag, in den Medien, aber auch durch Angebote zum
Interreligiösen Lernen – Kategorien des ‚interreligiös Angemes-
senen‘ und vor allem des religiös Differenten konstruiert und
Zuschreibungspraktiken betrieben werden, die selbst entgegen
der Intention der Akteurinnen und Akteure, den religiös Diffe-
renten erst zu einem solchen machen und in der Folge stereo-
typisierend beschreiben und stigmatisieren. Dabei wäre zudem
die Frage danach zu stellen, wie der/die/das An
dere zugleich
in unterschiedlichen Dimensionen (Gender, Ethni zität, soziale
Klasse etc.) gemacht wird“ (Willems 2015).
Was demnach der Interreligiösen Bildung fehlt, ist eine selbstreflexive
Überprüfung des Diskurses auf seine immanenten Mechanismen der Iden-
tifizierung, der verkennenden Anerkennung, der Exklusion, der Macht
(Burrichter 2015, 155). Wohl wollen dessen Ansätze mehr oder weniger die
Anerkennung der Fremdheit des Anderen als Voraussetzung von Respekt,
Toleranz und Dialog würdigen (summierend: Gärtner 2015, 290). Aber
diese diskursimmanente Aporie wird übersehen.
3. Aufgeklärte Heterogenität als Perspektive für die Zukunftsfähigkeit
des Religionsunterrichts
Mit diesen kurzen Strichen dürfte eines deutlich geworden sein: Will sie
ihren eigenen Postulaten der Bildung und Subjektorientierung gerecht
werden, muss die Religionspädagogik einen differenzierten Begründungs-
und Legitimationsdiskurs führen, der dabei nicht zuletzt die eigene Be-
griffsarbeit selbstkritisch reflektiert. Sie muss sensibel werden für hegemo-
niale Tendenzen und für Phänomene von Macht, die in ihr selber dann noch
wirksam werden, wenn sie die in ihr normativ eingebrachte sinnstiftende
Bernhard Grümme | Religionsunterricht zwischen Macht und Bildung
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 1:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 236
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven