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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
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194 | www.limina-graz.eu suellen Code am Bildschirm umwandeln, ist schon deutlicher. Die von Si- ker (2017, 209–238) analysierte Bibelsoftware liefert andere Erfahrungen vom Text als die Benutzungsinterfaces der kollaborativen Editonsumge- bungen. Die Programmschritte der CBGM von Mink und Wachtel (Mink 2008; Wachtel 2015) ordnen die Textzeugen anders als die phylogenetische Analyse von Carlson (2015). Die entscheidende Frage ist dabei nicht, ob die von den Forscherinnen entwickelten Algorithmen und Kodierungen wissenschaftlich überzeugend sind. Die eigentliche Frage ist, was mit der Offenbarung passiert, wenn ihre Textform umgerechnet wird, wenn die Maschine aus ihr etwas zu gewinnen versucht. Das drängt sich besonders dann auf, wenn man die aktuellen Entwicklungen zum maschinellen Ler- nen als Gegenwart oder wenigstens nahe Zukunft des Umgang mit den verdateten Grundlagentexten betrachtet: Im Projekt HumaReC wird z.  B. mit den Forschungsergebnissen des READ-Projektes experimentiert (Hu- maReC 2016–2018; Clivaz et al. 2017a und 2017b), das dazu führen könnte, dass Computer Bibelhandschriften automatisch transkribieren – die Ma- schine also zum „analphabetischen Leser“ wird (Olender 2017, 190–192). Die Fähigkeiten von Software, menschliche Sprache zu imitieren, lassen es möglich erscheinen, dass die Maschine den Koran rezitiert – auch in einer Form, wie sie laut Zeugnis der Handschriften im ersten islamischen Jahr- hundert vorkam. Könnten maschinelle Lernverfahren nicht auch das Text- corpus talmudischer Interpretationen benutzen, um aus den Textdaten des Tenach neue Interpretationstexte zu generieren? Mit der Koranontologie von Kais Dukes (Dukes 2009–2017 Ontology) kann der Computer schon jetzt aus dem Datenpool des Grundlagentexts Schlüsse ziehen – Schlüsse, die denen der Schriftgelehrten, Reformatoren und Häretiker in der Ge- schichte der Religionen ähnlich sind? Die Verdatung der Grundlagentexte in ihrer digitalen Edition lässt dann vieles möglich erscheinen – auch dass sich Theologie mit maschineller Häresie und Orthodoxie beschäftigen müssen wird. Georg Vogeler | Religion aus Daten?
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
1:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
236
Kategorien
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