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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
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222 | www.limina-graz.eu wie Marion Baldus zeigt, die Effekte bestimmter gesellschaftlicher Denk- schemata, Normalitätsvorstellungen und Erwartungshaltungen auf die Entscheidungen betroffener Frauen nachweisen (Baldus 2016). Allgemein stoßen wir in der gegenwärtigen Gesellschaft tatsächlich auf einen stei- genden Druck, als „vernünftige“ Individuen einen gesundheitsbewussten Lebensstil zu pflegen und unseren Kindern optimierte Startbedingungen ins Leben mitzugeben, wie z.  B. Lemke dies diagnostiziert (Lemke 2007, 145). Die in diesem Beitrag diskutierte Genom-Editierung fügt sich hier als weitere Möglichkeit ein, Gesundheit und Fitness zu steigern und das gene- tische Material für zukünftige Generationen zu optimieren. Auch belegen (neuro-)psychologische Forschungen aus dem Umfeld der Wirtschaftswissenschaften wie auch linguistische Forschungen zum so genannten Framing eindrücklich eine Manipulierbarkeit des menschlichen Individuums in seinem Wahl- und Konsumverhalten (Kahneman 2012; Bauer 2015, 97–112; Akerlof/Shiller 2016; Steyrer 2018; Wehlinger 2016). Insgesamt wächst somit gegenwärtig die Einsicht, dass die authentische Selbststeuerung des Individuums in modernen liberalen Gesellschaften in vielfacher Hinsicht gefährdet ist und unterlaufen werden kann – unabhän- gig von der Frage, ob es eine geheimnisvolle Macht wie die Biomacht auch wirklich gibt. Neben einer begrüßenswerten Schärfung des Blicks für den heutigen ge- sellschaftlichen Umgang mit Leben und für die damit verbundenen Makro- und Mikromechanismen der Macht erscheint das Konzept der Biomacht jedoch in mehrfacher Hinsicht problematisch. Die Existenz dieser Macht bleibt dort, wo sie über Einzelmechanismen hinaus als ein alles umfas- sendes, strategisches Programm verstanden wird, geheimnisvoll und pos- tulatorisch. Sie wirkt wie ein Akteur, ist aber doch kein Akteur. Schließt man sich der Meinung an, dass es bei allen Bemühungen der modernen Medizin nur um Steigerung des Lebens geht, führt dies aus ethischer Sicht zu einer gefährlichen Nivellierung des Unterschieds zwischen der Pflicht, Schmer- zen und Leid der Menschen zu mindern, und Bemühungen um eine Opti- mierung der conditio humana. Alle Anstrengungen der modernen Me dizin werden, unabhängig von den konkreten Zielsetzungen, unterschieds los zum Ausdruck derselben Biomacht. Noch schwerer wiegt allerdings, dass das Konzept ganz allgemein die Möglichkeit eines bewussten und verantwortlichen Umgangs mit neuen Walter Schaupp | Genom-Editierung als Schlüsseltechnik der Zukunft Enhancement als Ausdruck von Biomacht?
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
1:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
236
Kategorien
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