Seite - 229 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 1:1

229 | www.limina-graz.eu wie weit man das Wesen des Menschen als Bild Gottes (Gen 1,27) statisch oder evolutiv-dynamisch versteht und welchen Stellenwert man innerhalb dieser Dynamik der menschlichen Freiheit im Sinn einer Mitschöpfer- schaft neben der Schöpferschaft Gottes einräumt, wie weit der Mensch also als created co-creator anzusehen ist (Schockenhoff 2016, 72 mit Verweis auf Hefner 1993). Ohne dass dies hier näher ausgeführt werden könnte, spricht vieles dafür, dass es ethisch vertretbare verbessernde Eingriffe ge- ben könnte. Theologisch gesehen, würde dies jedoch voraussetzen, dass der Mensch verlässlich Sinn und Ziel der Evolution begreift, um über ein entsprechendes Beurteilungskriterium zu verfügen, und er zweitens mehr als gegenwärtig fähig ist, aus Gerechtigkeit und selbstloser, freigebender Liebe heraus zu handeln. Während schöpfungstheologisch in der evolu- tiven Dynamik eine Logik der Freigabe und der Pluralisierung erkennbar ist, neigt der Mensch nach wie vor dazu, Technik im Sinn von Herrschafts- ausübung, Unterwerfung und Uniformierung einzusetzen. Fraglich ist so- mit, ob eine genetische Optimierung des Menschen unter der Bedingung der „(Erb-)Sünde“ (sub peccato) ethisch denkbar ist, in einer Welt also, die nach wie vor durch Egoismus, Unmäßigkeit, Gier und Herrschafts- bestrebungen gekennzeichnet ist. Betont werden muss jedoch auch, dass für den Fall, dass unsere Zivilisation gentechnisch transformierte menschliche Wesen welcher Art auch immer hervorbringen würde, dies nichts an der Gültigkeit von ethischen und bib- lischen Grundwerten wie Gerechtigkeit, Liebe, Wahrhaftigkeit und Treue ändern würde. Christinnen und Christen müssten nach wie vor daran ar- beiten, eine nun so gewordene Welt durch diese Werte zu prägen und sie so auf ihre letzte Zielbestimmung bei Gott hinzuordnen. Walter Schaupp | Genom-Editierung als Schlüsseltechnik der Zukunft