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Kurt remele | Christliche Kakistokratie
Als Kakistokratie bezeichnet man jene Herrschaftsform, in der die Schlech-
testen, die Schlimmsten und die Skrupellosesten, die am wenigsten Geeig-
neten, am wenigsten Qualifizierten und am wenigsten Vertrauenswürdigen
an der Macht sind. Der Begriff war wenig bekannt, wurde kaum gebraucht
und an Schulen nicht vermittelt. Erst in jüngster Zeit wurde der Fachaus-
druck populärer: Am 13. April 2018 charakterisierte der ehemalige Direktor
der CIA, John Brennan, Donald Trumps Regierung und seine Amtsführung
in einem Tweet an den Präsidenten als Kakistokratie (Spicer 2018).
Es gibt zahlreiche Menschen, die Brennans Diagnose teilen. TV und Twit-
ter, glaubwürdige Berichte und kenntnisreiche Biographien haben detail-
liert aufgezeigt, dass Donald Trumps Denken und Tun häufig chaotisch und
bizarr ist, selbstgefällig und unsensibel, rassistisch und sexistisch, beleidi-
gend und unberechenbar, gemein und rücksichtslos (Horst 2018).
Ein rücksichtsloser Egozentriker als Traumpräsident der Evangelikalen
„Wie erklären wir unseren Kindern“, fragt der pädagogische Querden-
ker Alfie Kohn, „dass es jemand bis zum Präsidenten bringt, der andere
tyrannisiert, der lügt und der sich damit rühmt, Frauen sexuell belästigt
zu haben?“ (Kohn 2017) Die einzige Möglichkeit, Donald Trump und sein
Verhalten pädagogisch zu nutzen, sieht Kohn darin, ihn als Negativfolie zu
betrachten. Am Beispiel Trumps können Kinder lernen, wie man nicht sein
und werden sollte: ständig um Anerkennung ringend, gemein zu anderen,
egozentrisch, wettbewerbsorientiert, unkooperativ, eitel und geldgierig.
Die genannten Persönlichkeitsmerkmale werden häufig unter dem Begriff
Narzissmus subsumiert.
Eine exakte Diagnose von Trumps mentalen und charakterlichen Eigen-
schaften gestaltet sich schwierig. Die Frage, ob der Präsident vorrangig an
moralischen oder an psychischen Defiziten leidet, ebenso. „Ist der Mann
schlicht und einfach verrückt oder ist er hinterlistig?“, fragen die beiden
US-Psychiaterinnen Judith Lewis Hermann und Bandy X. Lee im Vorwort
des Buches The Dangerous Case of Donald Trump (Hermann/Lee 2017, 7).
In diesem bemerkenswerten Sammelband diskutieren und beleuchten
siebenundzwanzig renommierte und besorgte Psychiater und Psychiate-
rinnen sowie andere psychologische Experten die geistige Gesundheit des
45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, und das in durchaus
kritischer und warnender Absicht. So fahren etwa Hermann und Lee in ih-
rem Vorwort folgendermaßen fort:
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 194
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven