Seite - 184 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
Bild der Seite - 184 -
Text der Seite - 184 -
184 | www.limina-graz.eu
rita Perintfalvi | Widerstand gegen rechtspopulismus im namen der Zivilisation der liebe
sein. Trotz der Ähnlichkeit der Phänomene von Rechtspopulismus und Fa-
schismus sind jedoch klare Differenzierungen erforderlich.
Im Unterschied zum Faschismus der 1930er Jahre bezeichnet man die neo-
rechte Perspektive nicht explizit als „rassistisch“. Der frühere Rassismus
wird durch Ethnopluralismus ersetzt. Die Konzeption des Ethnopluralis-
mus kann als „Rassismus ohne Rassen“ betrachtet werden. An die Stelle
der „Rasse“ tritt die „nationale Kultur“. Diese Konzeption steht in Kon-
trast zum Universalismus und Egalitarismus. Im Gegensatz zu den univer-
salen Menschenrechten oder der humanistischen Konzeption wird nicht
die Vielfalt koexistenter Individuen, sondern das Nebeneinander verschie-
dener homogener Volksgruppen oder Ethnien propagiert, die jeweils eine
geschlossene Kultur bilden. Diese Volksgruppen unterscheiden sich von-
ein ander aufgrund geografischer, genealogischer, kultureller, sprachlicher
und religiöser Eigenschaften.
Dementsprechend will die neorechte Politik den Begriff „Nation“ auf die
Grundlage der Ethnie stellen und die menschenrechtlich fundierte, plurale
Demokratie in eine ethnische Bürgergemeinschaft überführen. Vor diesem
ideologischen Hintergrund hebt die neorechte Ideologie das Prinzip der
Homogenität hervor und beseitigt die Heterogenität.
Durch die horizontale Differenzierung des Volksbegriffs entstehen Ge-
gensätze zwischen einem „Wir“ (ingroup) und den „anderen“ (outgroup),
deren Folge die Ausgrenzung von vermeintlich nicht-zugehörigen Perso-
nen oder Gruppen ist. Dadurch kommt es zu Aggressionen gegenüber „den
anderen“ wie Zugewanderten, Muslimen, Roma und Asylsuchenden und
zu Feindseligkeiten gegenüber sexuellen Minderheiten bzw. zu Sexismus,
teilweise auch zu Antisemitismus.
RechtspopulistInnen produzieren auch häufig Feindbilder, die auf ober-
flächlichen Vorurteilen basieren. Auch diese Feindbilder dienen zur Ab-
grenzung nach außen, aber manchmal auch innerhalb der Gruppe. So wer-
den zum Beispiel nicht nur die Flüchtlinge als Fremde betrachtet, sondern
auch diejenigen, die ihnen helfen, also die zivilgesellschaftlichen Organisa-
tionen (in Ungarn z. B. Migration Aid, TASZ/Gesellschaft für die Freiheits-
rechte, Amnesty International Hungary, Ungarisches Helsinki-Komitee
etc.) oder die „liberalen Fantasten“, die eine multikulturelle Gesellschaft
gestalten wollen.
Sind die Populisten schon auf halbem Weg
zum Faschismus des 20. Jahrhunderts?
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 194
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven