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Richard Sturn | Generationengerechtigkeit, Generationenvertrag und Entsolidarisierung
̟ Drittens bescherte es dem Finanzsektor einen beachtlichen Zufluss
finanzieller Ressourcen, was im Zusammenwirken mit der Priva-
tisierungsreform nicht zuletzt auch sein Potential als politischer
Player stärken würde.
Resümee und Schlussfolgerungen
Gerechtigkeit zwischen den Generationen ist ein besonders schwieriger
und anspruchsvoller Teil der Gerechtigkeitsdiskussion. Sie war schon im-
mer mit sozialtheoretisch relevanten Fragen der sozio-kulturellen Repro-
duktion von Gemeinschaften und Gesellschaften durchwirkt und erhält
insbesondere im Kontext des globalen Klimawandels neue Komplexität
und neue Brisanz.
Zudem ist sie nur im Zusammenhang mit anderen Ebenen der Gerechtig-
keit aussichtsreich zu adressieren. Insbesondere erfordert die Übertragung
von Konzepten der Verteilungsgerechtigkeit auf Fragen der „intergene-
rativen Verteilung“ Ansätze, die der Dimension und Reichweite des Prob-
lemkontexts gerecht werden. Dies impliziert aber nicht die Festlegung auf
einen ganz bestimmten verteilungsethischen Ansatz oder eine bestimmte
Metrik (Grundgüter, Fähigkeiten/Grundfunktionen, Nutzen, Geld; vgl. Sen
1982, 353ff.) der Verteilungsgerechtigkeit. Vielmehr können etwa sowohl
suffizienz-theoretische als auch egalitaristische und utilitaristische An-
sätze auf eine Art ausbuchstabiert werden, sodass intergenerative Gerech-
tigkeitsfragen kohärent integriert werden können.
Im politischen Diskurs um den Interessenausgleich zwischen den Gene-
rationen ist es von großer Bedeutung, den Horizont dieser unterschiedli-
chen Bewertungsprinzipien im Blick zu behalten. Für diesen Horizont sind
sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede zwischen diesen
Bewertungsprinzipien wichtig:
̟ Die unterschiedlichen Prinzipien, die den oben skizzierten Grund-
anforderungen genügen, haben einerseits zwei Gemeinsamkeiten:
(1) Sie sind durchwegs mit rigorosen Versionen eines ontologi-
schen und normativen Individualismus inkompatibel,7 wie sie etwa
in bestimmten präanalytischen Visionen der Ökonomik anzutref-
7 Zu dieser Inkompatibilität vgl.
auch Sen 1982, insb. Part IV.
Den Horizont unterschiedlicher Bewertungsprinzipien im Blick behalten
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven