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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
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50 | www.limina-graz.eu Jochen Ostheimer | Den eigenen Untergang erzählen, um ihn zu verhindern nen kann. In den skizzierten Versionen werden verschiedene „cau- sal stories“ entfaltet. Je nachdem wie der Kausalzusammenhang präsentiert wird, entstehen andere Problemlagen (vgl. Stone 1989; Somers 1994). Wenn menschliches Handeln eine ursächliche Rol- le spielt, ändern Widrigkeiten ihren Status vom natürlich Gegebe- nen oder Schicksalhaften zu politischen Problemen, die bearbeitet werden können und müssen. ̟ Ein zweites Merkmal ist, dass mit Ausnahme des Sonnenflecken- modells die Zukunft nicht nur beschrieben, sondern auch bewertet wird, meist als eine drastische Verschlechterung. Sofern mensch- liche Handlungen als Wirkfaktoren angesehen werden, erhält die- se Bewertung auch eine moralische Facette. Kontrovers diskutiert wird dann, inwiefern Handlungen in der Vergangenheit moralisch zugerechnet werden oder wie weit in die Zukunft aktuelle Verant- wortung reicht. ̟ Drittens sind die Zukunftsdarstellungen mit Handlungsempfeh- lungen verbunden. Im Fall einer drohenden Katastrophe warnen sie vor den Gefahren und fordern zu Reformen auf, im Fall einer zu erwartenden Verbesserung appellieren sie an Politik und Wissen- schaft, diese Zukunft durch Einsatz geeigneter Technik aktiv her- beizuführen. Warnung und Appell werden teils ausdrücklich for- muliert, teils findet sich auch die rhetorische Strategie, die „Tatsa- chen“ für sich sprechen zu lassen (vgl. Latour 2017, 49–64, 86–89 u. ö.). Die Darstellung der katastrophalen bzw. paradiesischen Zu- stände wirkt von sich aus appellativ, hat immer schon eine illoku- tionäre Funktion (vgl. Austin 1975; ders. 1979, 153–165). Auch dies ist charakteristisch für den Anthropozändiskurs. Er ist von Anfang an nie rein konstativ gewesen. ̟ Das letzte Merkmal betrifft das Medium oder den Stil. Ungeach- tet ihrer wissenschaftlichen Herkunft (mit Ausnahme der fünften Version) zeichnen sich alle Diskurse, die hier ja als gesellschaft- liche Diskurse in den Blick genommen werden, dadurch aus, dass zur Veranschaulichung eine Vielzahl an im weiteren Sinn erzähle- rischen Formen Verwendung findet, etwa auch Spiel- und Doku- mentarfilme,7 Videospiele,8 Kunstprojekte9 oder explorative Muse- Zentrale Parameter: Kausalzusammenhang – Bewertung und Moralisierung – Warnung und Appell – Verdichtung zu Erzählungen 7 Wirkmächtig war Eine unbequeme Wahrheit von Al Gore (Regie Davis Guggenheim, USA 2006). 8 Aktuell z.B. Fallout 76 von Bethes- da Game Studios, dessen Szenario als nuklearer Winter bezeichnet wird, wobei faktisch aber nur die radioaktive Strahlung für die Hand- lungsstruktur des Spiels relevant ist. 9 Drei Projekte zur künstlerischen Bearbeitung der globalen Erwär- mung mögen als Beispiel genügen: das bei der Kunstbiennale in Venedig 2007 präsentierte Projekt Calling the Glacier von Serafine Lindemann
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
222
Kategorien
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