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Edith Petschnigg | Generationen im jüdisch-christlichen Dialog seit 1945
„And when we went from Bendorf to Osnabrück there was a lot more
younger people. […] And every year there are more and more. We have
got a tradition: Every Sunday afternoon at the end of the Bible week we
have a photograph of the young generation. We just get backside and
have this photo. The first was in 2008, the last one in 2011 where I was in.
There was about 14 of us. It is tradition every year. We just get more and
more. And that makes it much easier because there I have never had to
explain to them why I am there. They accept that I am there“ (Interview
Collard Treml).
Wenngleich an der Berliner Sommeruniversität und der Jüdisch-Christlichen
Bibelwoche von Georgsmarienhütte Angehörige der jüngeren Generationen
verstärkt teilnehmen, lässt sich ab den 1990er-Jahren insgesamt jedoch
eine Tendenz zur Überalterung jüdisch-christlicher Dialoginitiativen er-
heben, wie sich an den meisten Gesellschaften für christlich-jüdische Zu-
sammenarbeit in Deutschland ablesen lässt (vgl. Schaller 2004, 48). So war
beispielsweise mit ein Grund für das Zu-Ende-Gehen der Österreichischen
Christlich-Jüdischen Bibelwoche im Jahr 2007 der demographisch bedingte
Rückgang von Teilnehmenden der Kriegsgeneration und ein Fernbleiben
der jüngeren Generationen. DialogakteurInnen, nicht zuletzt Angehörige
der dritten Generation, bringen daher häufig den Wunsch zum Ausdruck,
dass der Dialog durch die Teilnahme jüngerer Menschen zukunftsfähig
bleibt. Einer von ihnen ist der katholische Theologe Michael Hölscher,
selbst ein Vertreter der dritten Dialoggeneration. Er hebt das Potenzial her-
vor, das die Teilnahme am interreligiösen Dialog jungen Menschen bietet:
„Ich glaube, das Nachwuchsproblem ist etwas da. Das wäre schon wich-
tig, dass einfach neue Leute dazukommen, die das fortführen, weil man
nicht nur so viel über die anderen, sondern auch so viel über sich lernt.
Und dass es auch integraler Bestandteil des Studiums auch wird, des
Theologiestudiums, weil das so einen Lerneffekt hat, dass man das wirk-
lich als Lernfeld nutzt. Allein diese Kontakte, die dadurch entstehen, das
geht ja wirklich in die ganze Welt, durch die verschiedenen Religionen,
das ist wirklich ein tolles Netzwerk, das ich vielen wünschen würde“ (In-
terview Hölscher).
Mit einem immer größeren zeitlichen Abstand zur Schoah entwickelte
sich langsam ein neues Dialogbewusstsein: Die nachrückende Generation
brachte ihre eigenen Themen ein, hatte andere Motive für ihre Teilnahme.
Auch unter Angehörigen der zweiten Generation, für die die Verarbeitung
der Vergangenheit zunächst sehr bedeutsam gewesen war, machte sich
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven