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Johannes Thonhauser | Das Narrativ von Bedrohung und Widerstand
vom Geheimprotestantismus geprägten Gebieten Ober- und Nordkärn-
tens eine entsprechende Gegen-Identität förderte (vgl. Thonhauser 2019,
129–222).
In ebendiesen Gegenden finden sich bis zur Gegenwart auch die meisten
Wähler und Wählerinnen von Parteien aus dem rechtspolitischen Spekt-
rum. Das legt den Schluss nahe, dass die generationenübergreifende Wei-
tergabe des Narrativs von Bedrohung und Widerstand auch unbewusst bis
zum heutigen Tag anhält. Schon in den 1950er-Jahren wies der Historiker
Adam Wandruszka auf einen Zusammenhang zwischen den Zentren des
Geheimprotestantismus im 17. bzw. 18. Jahrhundert und jenen des natio-
nalsozialistischen Juliputschs von 1934 hin (vgl. Wandruszka 1954, 373).
Hubert Gamsjäger hat dann in den 1980er-Jahren mit einer ähnlichen Fra-
gestellung empirisch bestätigt, dass die in Kärnten auffallend starke po-
litische Präferenz für die Freiheitliche Partei Österreichs in jenen Oberk-
ärntner Gemeinden besonders ausgeprägt ist, die den höchsten Anteil an
Personen mit evangelischem Bekenntnis haben (vgl. Gamsjäger 1986). Es
handelt sich dabei überwiegend um sogenannte „Toleranzgemeinden“, in
denen die vormals kryptoprotestantisch organisierten Evangelischen nach
dem Toleranzpatent Josefs II. unter bestimmten Auflagen ihr Bekenntnis
nun legal ausleben und ausüben durften. Auch jüngere Wahlergebnisse
zeigen, dass dieser Zusammenhang nach wie vor zu bestehen scheint (vgl.
Diagramme).
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven