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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Seite - 151 -
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151 | www.limina-graz.eu Martina Schmidhuber | Mehr-Generationen-Wohnen als Zukunftsmodell Menschen unter einem Dach scheint mühsam, vielmehr reizt die Option, völlig individualisiert seinen Weg gehen zu können. Zwischen diesen beiden Extremen – einerseits der Individualisierung, die zur Einsamkeit führen kann, aber häufig aus Angst, in verbindlichen, fa- miliären Verhältnissen unbezahlte, nicht wertgeschätzte Fürsorgearbeit leisten zu müssen, angestrebt wird, und andererseits dem Mehr-Generati- onen-Haus von früher, in dem die Aufgabenverteilung völlig klar war (der Mann verdient das Geld, die Frau kümmert sich um alles zu Hause) – muss ein guter Mittelweg gefunden werden, der Menschen nicht vereinsamen lässt, Verantwortung für einander in vulnerablen Situationen übernehmen lassen will und trotzdem genug Raum für die je eigenen Bedürfnisse bietet. Zwischen Autonomie und Vulnerabilität Vor allem für Menschen in vulnerablen Situationen kann ein Wohnen in Gemeinschaft eine große Unterstützung sein. Gerät man in eine vulnera- ble Situation, ist schnell spürbar, dass die Individualisierung ihre Schat- tenseiten hat. Dann zeigt sich deutlich, wie sehr Menschen aufeinander angewiesen sind (vgl. Matthews/Tobin 2016). Ein gebrochenes Bein oder ein grippaler Infekt, der einen ans Bett fesselt, führt uns Menschen unse- re inhärente Verletzlichkeit vor Augen. Deshalb ist es auch angemessener, von Menschen in vulnerablen Situationen zu sprechen als von vulnerab- len Personen oder Gruppen (vgl. z. B. Baars 2012, 205; auch Bozzaro/Boldt/ Schweda 2018). Denn selbst Menschen, an die man als erstes denken mag, wenn von Vul- nerabiltität die Rede ist – Menschen mit Behinderung, Menschen mit De- menz, Kinder, Flüchtlinge –, sind nicht permanent vulnerabel, sondern erst die Situation, in der sie sind, bringt ihre Verletzlichkeit, die allen Men- schen inhärent ist, zum Vorschein. Schnell kann auch ein gesunder Mensch in seiner Lebensmitte in eine vulnerable Situation kommen. In diesem Sinne, dass zwar alle Menschen inhärent verletzlich sind, es aber erst die spezifischen Situationen sind, die dies sichtbar und spürbar ma- chen, unterscheiden die US-amerikanischen feministischen Philosophin- nen Catriona Mackenzie, Wendy Rogers und Susan Dodds (2014) drei For- Menschen sind nicht permanent vulnerabel, sondern erst die Situation, in der sie sind, bringt ihre Verletzlichkeit zum Vorschein.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
222
Kategorien
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