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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Seite - 152 -
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152 | www.limina-graz.eu Martina Schmidhuber | Mehr-Generationen-Wohnen als Zukunftsmodell men der Vulnerabilität, denen Menschen ausgesetzt sind bzw. ausgesetzt sein können: inhärent, situativ und pathogen. ̟ Menschen sind aufgrund ihrer conditio humana inhärent vulnera- bel. Hunger, Durst, Schlafentzug, soziale Isolation – sobald basale menschliche Bedürfnisse nicht erfüllt werden, steigt die Verletz- lichkeit. ̟ Die zweite Form der Taxonomie, die situative Vulnerabilität, kann Menschen in bestimmten Kontexten treffen, aus persönlichen, so- zialen oder politischen Gründen. Beispiele dafür sind Naturkatas- trophen, die von einem Tag auf den anderen Menschen obdachlos werden lassen, oder auch verschiedene Erkrankungen, die aus dem starken Subjekt schnell einen Pflegefall machen können, sodass permanente Hilfe im Alltag gebraucht wird. ̟ Pathogene Vulnerabilität entsteht durch asymmetrische interper- sonelle Beziehungen und institutionelle Strukturen. Dazu zählen beispielsweise die Misshandlung oder auch Vernachlässigung eines pflegebedürftigen Menschen durch einen Pflegenden oder der Missbrauch eines Kindes durch einen Erwachsenen. Diese drei Formen der Vulnerabilität zeigen, dass Menschen in „multip- len Abhängigkeiten von der Umwelt und der gesellschaftlichen Mitwelt“ (Bielefeldt 2018, 34) stehen. Das menschliche Leben findet stets im Span- nungsfeld zwischen Autonomie und Angewiesen-Sein auf andere statt (vgl. dazu auch die Beiträge in Ernst 2017). Dieser Tatsache tragen auch die fe- ministischen Philosophinnen Rechnung, indem sie darauf verweisen, dass Autonomie immer relational ist, weil Menschen in soziale Kontexte ein- gebettet sind und kein Monaden-Dasein führen. Menschen sind nicht nur rationale Wesen, sondern haben auch eine emotionale, kreative und ima- ginative Komponente (vgl. Mackenzie/Stoljar 2000). Zudem sind sie leibli- che Wesen, was sie eben auch verletzlich und anfällig für Störungen macht, wie es sich etwa im Burnout drastisch zeigt (vgl. Esterbauer/Paletta/Meer 2019). Aufgrund dieses Spannungsfeldes, in dem sich Menschen bewegen, kann Autonomie nicht bedeuten, in völliger Unabhängigkeit von anderen auf rationale Weise seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Vielmehr sind Menschen aufeinander angewiesen und müssen anderen auch vertrauen können (vgl. OʼNeill 2008). Dies ist allerdings meistens erst in vulnerablen Situationen spürbar:
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
222
Kategorien
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