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Martina Schmidhuber | Mehr-Generationen-Wohnen als Zukunftsmodell
Menschen mit Demenz eine besondere Herausforderung in der Betreuung
und Pflege darstellen. Um einen Menschen mit Demenz gut und adäquat zu
betreuen, bedarf es einer besonderen Expertise, zudem ist die Belastung
für die Pflegenden nicht zu unterschätzen. Menschen mit Demenz können
auch nicht mehr im Sinne der Tauschgerechtigkeit an der Gemeinschaft
teilhaben. Sie brauchen, je weiter die Demenz fortgeschritten ist, mehr und
mehr Pflege und Unterstützung im Alltag. So verweist auch die Website des
Mehr-Generationen-Wohnens auf die Grenzen, auf die diese Wohnform
dann stößt, wenn die Pflegebedürftigkeit zu groß wird (vgl. www.gesund-
heit.gv.at/leben/altern/wohnen-im-alter/mehr-generationen-wohnen
[10. Sept. 2019]).
Ein Blick nach Norwegen zeigt, dass hier die gute Betreuung von Menschen
mit Demenz ganz oben auf der politischen Agenda steht. Das wird daran
deutlich, dass die Kosten für die Betreuung vom Staat übernommen wer-
den. Ziel ist es, Menschen mit Demenz möglichst lange zu Hause zu be-
treuen, ohne jedoch die Angehörigen damit so zu belasten, dass diese selbst
krank werden. Die demenzfreundliche Gesellschaft, in der für die Bedürf-
nisse von Menschen mit Demenz Orte und Angebote geschaffen werden, ist
ein Ziel des norwegischen Dementia Plan 2020:
„The goal of the plan is to build a more dementia-friendly society, where
people with dementia are cared for and integrated in the community.
This will require greater openness and knowledge about dementia in so-
ciety in general and in the health and care services in particular.“ (Nor-
wegian Ministry of Health and Care Services 2015, 7)
Hier wird der sozialen Dimension der Demenz im Sinne Gronemeyers be-
sondere Aufmerksamkeit geschenkt. Geld wird für empirische Sozialfor-
schung, Tageszentren, welche die pflegenden Angehörigen entlasten, und
Bewusstseinsbildung der Gesellschaft in die Hand genommen. Wenn alle
Menschen in einer Gesellschaft über Demenz Bescheid wissen und rück-
sichtsvoll mit den Betroffenen im Alltag umgehen, bedarf es auch keiner
Demenzdörfer mehr, die diese Besonderheit auszeichnet.
Sich am norwegischen Modell orientierend, scheint es also umsetzbar zu
sein, Menschen so lange wie möglich in die Gesellschaft und auch in ge-
meinsames Wohnen zu integrieren. Wenn der Pflegebedarf zu hoch wird,
ist eine adäquate, von staatlicher Seite finanzierte Pflege erforderlich.
Ein Blick nach Norwegen
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven