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Roberta Maierhofer | „Clash of Generations“ oder gelebte Intergenerationalität: Visages Villages (FR 2017)
Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft werden durch einen hohen
und wachsenden Anteil alter und sehr alter Menschen geprägt, was bereits
1975 als schleichende demographische Revolution bezeichnet wurde (vgl.
Butler 1975). Trotz der positiven und verständlichen Erwartung einer län-
geren Lebensspanne dominierten und dominieren überwiegend negative
Vorstellungen von „Alter“ die öffentliche Debatte: der Abbau geistiger
Fähigkeiten und der körperlichen Gesundheit, soziale Vereinsamung und
Inaktivität, ökonomische Unsicherheit und gesellschaftliche Abhängigkeit.
Während die gesellschaftspolitische Aufmerksamkeit den Herausforde-
rungen von zusätzlicher sozialer Betreuung, finanziell aufwändiger Ein-
kommenssicherung im Alter oder der medizinischen Versorgung alter
Menschen gilt, stellt sich für den Einzelnen zudem die Frage nach der Mög-
lichkeit eines aktiven, selbstbestimmten und sinnerfüllten Lebens im Alter
(vgl. Mayer/Baltes 1996).
Schwierige Definition von Altern/Alter
Was unter einem Leben im „Alter“ verstanden wird, darüber ist noch kein
allgemeiner oder von den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen
verwendeter Konsens feststellbar.
Die vom Gerontologen W. Andrew Achenbaum 1995 getroffene Feststel-
lung, dass alle Definitionen von Alter nur partiell und vorläufig zu werten
sind (vgl. 13), hat auch noch heute Gültigkeit. Ebenso ist die in der Einlei-
tung zum Oxford Book of Aging vom Kulturwissenschaftler Thomas R. Cole
gemachte Bemerkung nach wie vor vertretbar, dass wir kulturelle An-
alphabeten sind, was den Umgang mit dem Alter betrifft. Denn das von ihm
angeführte Argument, dass unser abendländisches Denken Erfahrungen
weitgehend nur im Rahmen dualistisch geprägter Schemata erfasst und
Alter etwa dominant als Gegensatz zu Jugend, Gesundheit oder Erfolg be-
stimmt, kann angesichts täglicher Erfahrungen nachvollzogen werden:
„A good deal of Western (and especially American) cultural illitera-
cy about aging derives from middle-class stereotypes, that drive out
nuanced thinking in favor of moralistic dualism [...]“ (Cole/Winkler
1994, 7).
Kulturelle Analphabeten im Umgang mit dem Alter
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven