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Roberta Maierhofer | „Clash of Generations“ oder gelebte Intergenerationalität: Visages Villages (FR 2017)
zu stellen hat. Die von der Frauenbewegung entwickelten feministischen
Theorien und Methoden beziehen sich zwar auf die Situation von Frauen,
stellen jedoch zugleich auch Fragen nach der Situation des Einzelnen etwa
in Hinblick auf das Altern. Mit dem von Kimberlé Williams Crenshaw 1989
geprägten Begriff „Intersektionalität“ wurde schließlich noch ein Modell
eingeführt, mit dem eine Analyse der Machtzusammenhänge zwischen den
sozialen Dimensionen durchgefĂĽhrt werden kann. Abgeleitet von den vor-
handenen feministischen Ansätzen wurde die theoretische Basis für einen
kulturwissenschaftlichen Zugang zum Thema Alter entwickelt.
Identität als kulturell geschaffene Authentizität
Während die Verweise auf die Intersektionalität und auf den Aspekt der
sozio-kulturellen Gestaltung der menschlichen Existenz die unterschied-
lichen Kräfte ansprechen, die auf ein – angenommenes – Individuum ein-
wirken, wird dieses vor allem durch seine Betroffenheit bestimmt. Ohne
nun auf die unterschiedlichen Annahmen zum Individuum eingehen zu
können, ist es aber gerade angesichts der in der Öffentlichkeit vorhande-
nen Betonung der sozio-ökonomisch-politischen Dimensionen unseres
Lebens erforderlich, bei der kulturwissenschaftlichen Erkundung mensch-
lichen Lebens auch auf die Position des Individuums einzugehen, um des-
sen eigene „Kraft“ im Zusammenspiel der Kräfte zu erfassen, wodurch die
lange als klassisch geisteswissenschaftlich verstandene Frage nach der
Identität wieder gestellt wird.
FĂĽr diese Arbeit wird auf den von Rosenmayr verwendeten Begriff Lebens-
prozesse (vgl. Rosenmayr 1995, 21) gesetzt und Identität möglichst offen
als die diesen Prozessen abgewonnene Authentizität unseres Lebens ange-
nommen. Diese Authentizität ist existentiell notwendig, aber nicht essen-
tialistisch gegeben, sondern – wie alle individuell oder sozial erfolgten Ge-
staltungen menschlicher Existenz – vor allem über ihre sozial verhandelte
kulturelle Konstituiertheit (vgl. Beauvoir 1949) erfassbar. Daher findet eine
wesentliche Kommunikation vermittelt durch die kulturellen Repräsenta-
tionen darĂĽber statt.
Ein Kunstwerk wie der Film ist auch in der Lage, die WidersprĂĽche zwi-
schen den gesellschaftlich-politischen Ansprüchen und den Möglich-
keiten des Individuums zu thematisieren und sich auf diese Art mit dem
Zustande kommen von authentischer Gegenwärtigkeit des Individuums zu
beschäftigen. Diese inhärente Ambivalenz eines Kunstwerks eröffnet uns
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven