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Roberta Maierhofer | „Clash of Generations“ oder gelebte Intergenerationalität: Visages Villages (FR 2017)
danach gefragt werde, dann wisse er es nicht (vgl. Augustinus 1888, 136),
lassen sich auch – was ja wegen des inneren Zusammenhangs mit der Zeit
nicht verwundert – Alter und Jugend, die Lebensalter, nicht einfach erklä-
ren. Obgleich aus administrativen und statistisch-messtechnischen GrĂĽn-
den zumeist chronologische Definitionen vorgenommen werden, gibt es –
wie eingangs schon besprochen – inhaltlich nicht nur eine Antwort auf die
Frage nach den Lebensaltern. Zudem versetzt die prozesshafte Konstituie-
rung einer identitätsmächtigen – authentischen – Gegenwärtigkeit nicht
nur das Individuum, sondern auch die Gesellschaft in die Situation, bei der
Schaffung von Gegenwärtigkeit immer wieder an einem Anfang zu stehen.
Dazu kommt es – ähnlich wie im Film – durch „zufällige“ Erfahrungen,
unvorhergesehene Situationen, „Augenblicke“, die dem Einzelnen und der
Gesellschaft jene „Lebenskunst“ abverlangen, durch die Gestaltungen wie
die Verfasstheit von Lebensaltern verändert oder neu vorgenommen wer-
den. In Visages Villages bedingt die Reise dieses erneute Anfangen, so dass
jedes weitere Foto zum Beginn einer eigenen Sequenz wird, die jedoch ge-
stalterisch in den Gesamtfilm integriert wird.
Die inhärente Hermeneutik von Visages Villages (FR 2017)
„Der Notfall der Inspiration“ oder der Anfang, die Erneuerung erweckt zu-
nächst nur einen Drang zur Gestaltung, dessen Auslegung bzw. Annahme
sowohl individuell als auch sozial-historisch sehr unterschiedlich aus-
fällt. In Visages Villages ist es der Reiz, den das künstlerische Potenzial einer
Zusammenarbeit von Varda und JR für die Dimensionalität des je eigenen
Werks auslöst. Gezeigt wird die Erstellung von Portraits des „mensch
lichen
Lebens“, deren Unkonventionalität im Anbringen der Fotos auf „Realitä-
ten“ der Portraitierten besteht, wodurch das „menschliche Leben“ als in-
dividuell-existentielle Vergegenwärtigung dargestellt wird.
Um allerdings zu einer Darstellung zu gelangen, bedarf es der „anderen“,
des Fotografen, der Regisseurin, des Publikums, durch die die Gegenwär-
tigkeit des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft erst sichtbar
wird. Jedes Portraits konstituiert sich daher aus einer elementaren Bezie-
Eine elementare Beziehung zwischen abgebildetem
individuellem Leben, den wissenden anderen und
der gegenständlichen Existenz
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven