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LIMINA 4:1 | Religiöser Fundamentalismus | Editorial
Wolfgang Benedek analysiert religiösen Fundamentalismus aus der Per-
spektive der Menschenrechte. Er geht in drei Schritten vor und behandelt
zuerst Begriff und Erscheinungsformen des Fundamentalismus aus der
Sicht des Völkerrechts und der internationalen Beziehungen; sodann wird
untersucht, auf welche Weise der religiöse Fundamentalismus eine Bedro-
hung der Menschenrechte, insbesondere der Religionsfreiheit darstellt,
um schließlich die Rolle der Menschenrechte in ihrem Verhältnis zum
religiösen Fundamentalismus zu beleuchten. Am Beispiel staatlicher Ab-
wehrmaßnahmen gegen den sogenannten „politischen Islam“ wird unter
anderem gezeigt, dass eine nicht an den Menschenrechten orientierte Be-
kämpfung des Fundamentalismus diesen noch verstärken kann.
Christian Feichtinger erkundet aktuelle Erscheinungsformen und Dynami-
ken des religiösen Fundamentalismus, indem er seinen Analysen ein re-
ligionswissenschaftlich elaboriertes Reinheitskonzept zugrunde legt. Der
Beitrag beschreibt Fundamentalismus mit Hilfe der Kategorie der Reinheit,
hebt dabei die Bedeutung von Gewalt hervor und führt gleichzeitig über das
Feld der Religionen hinaus.
Fabian Müller greift einen klassischen Topos fundamentalistischer Religio-
sität auf und stellt in seinem Beitrag die Frage, ob der bis heute in manchen
christlichen Kreisen praktizierte Biblizismus als „Retter der Tradition“
taugen kann, wie dies von seinen eigenen Vertreter*innen gerne behaup-
tet wird. Dazu unternimmt er einen kursorischen Durchgang durch die
Geschichte christlicher Bibelexegese und kommt zu dem Schluss, dass die
wörtliche und historisierende Auslegung des Bibeltextes seit etwa 1800 das
typisch moderne Gesicht eines religiösen Fundamentalismus in sich trägt.
Deutlich zeigt sich, dass diese spezielle Form der Bibelauslegung mit den
vielfältigen Traditionslinien theologischer und kirchlicher Deutung der
bib lischen Schriften seit dem frühen Christentum wenig gemeinsam hat.
In den folgenden fünf Beiträgen treten Positionierungen gegen konkre-
te Formen fundamentalistischer Religionspraxis in den Vordergrund. Sie
konvergieren in der Option für Freiheits- und Menschenrechte im Kontext
einer politisch involvierten Theologie und sind bestrebt, neben Widerstand
und kritischer Auseinandersetzung auch Möglichkeiten des Gesprächs of-
fen zu halten.
Diesen Teil der Ausgabe eröffnet Adem Aygün mit dem Beitrag „Fundamen-
talismus im zeitgenössischen islamischen Denken“. Seine These lautet,
dass der islamische Fundamentalismus auf eine Ideologie des Widerstands
aufbaut, wie sie etwa im Salafismus verkörpert sei. Vielschichtige Ursachen
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 224
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven