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Sonja Angelika Strube | Antimodernismus als Autoritarismus?
Beitragstitel und beitragseinleitenden Kurztexte als quasi selbst formu-
lierte Items gehandhabt werden, mit denen die Verfasser*innen Auskunft
über ihre religiösen wie politischen Einstellungen geben (vgl. Strube 2017b,
46–48). Längere Kommentare und meinungsdarstellende Texte ermögli-
chen darüber hinaus vertiefte Analysen, insbesondere zur Frage, auf wel-
che Weise religiöse und politische Haltungen zusammengehen (vgl. ebd.;
Strube 2018a). Inhaltlich ergibt sich dadurch die Chance einer interdiszi-
plinären Perspektive auf Phänomene religiösen Fundamentalismus, durch
die problematische Denkstrukturen und Vergemeinschaftungsdynamiken
hinter konkreten theologischen Aussagen ebenso erkennbar werden wie
zugrunde liegende Bedingungsfaktoren und konstruktive Beeinflussungs-
möglichkeiten rigider Religiosität.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Autoritarismus
in rechtskatholischen Milieus
Analysen rechtskatholischer Websites (wie kath.net, katholisches.info, gloria.
tv, des Blogs kreuz-net.at sowie der rechtsextremen Seite kreuz.net) weisen
eine weite Verbreitung unterschiedlicher Symptome des Syndroms Grup-
penbezogener Menschenfeindlichkeit in diesen Milieus nach, und zwar
sowohl in Texten und Kommentaren mit Bezug auf politische Themen als
auch in solchen mit Bezug auf religiöse (vgl. zu Folgendem Strube 2018b,
173–179). Schwerpunkte bilden eine Haltung der Islamfeindschaft, religiös
begründet als Abwehr der Ausbreitung vermeintlich falscher Glaubens-
überzeugungen, sowie des Sexismus und der Ablehnung homo- und trans-
sexueller Menschen, religiös begründet als Abwehr vermeintlich unmora-
lischer Lebensweisen. Darüber hinaus zeigen sich Rassismus, Fremden-
feindlichkeit, die Abwertung von Geflüchteten, Sinti und Roma, teilweise
auch Antisemitismus. Indirekt, etwa über das Verächtlichmachen von An-
tidiskrimierungsgesetzgebung und Sozialstaatsprinzipien sowie über pa-
ternalistische Bevormundung, geschieht auch eine Abwertung von obdach-
losen und langzeitarbeitslosen Menschen sowie von Menschen mit Behin-
derungen. Rechtsextreme Einstellungen zeigen sich auf unterschiedlichen
Websites in unterschiedlichen Ausprägungen (vgl. Strube 2014; dies. 2015).
Die im Rahmen der Website-Analysen sich abzeichnende Konvergenz reli-
giös und politisch autoritarismusaffiner Einstellungen legt die Vermutung
gemeinsamer Bedingungsfaktoren nahe. Eine Analyse religionsbezogener
Userdiskussionen zu Häresievorwürfen gegen Papst Franziskus erwies die
dort vorfindlichen religiösen Haltungen nicht nur als fundamentalistisch,
innerhalb der bundesdeutschen
Gesellschaft. Mittels Items, die die
Dimensionen „‚Befürwortung einer
rechtsautoritären Diktatur‘, ‚Chau-
vinismus‘, ‚Ausländerfeindlichkeit‘,
‚Antisemitismus‘, ‚Sozialdarwi-
nismus‘, ‚NS-Verharmlosung‘“
(Decker/Brähler 2018, 17–18; dies.
2006, 20–21) abfragen, konnten
sie belegen, dass rechtsextreme
Einstellungen ein Problem der ge-
sellschaftlichen Mitte sind und
Autoritarismus ihr zentraler Be-
dingungsfaktor. Ich verwende den
Begriff durchgängig im Sinne von
Decker/Brähler.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 224
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven