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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
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49 | www.limina-graz.eu Wolfgang Benedek | Religiöser Fundamentalismus aus menschenrechtlicher Sicht 4 Religionsfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ist eines der historisch ersten Menschenrechte und steht auch heute im Vordergrund menschenrecht- licher Diskussionen um den Fundamentalismus. Es hat eine innere und eine äußere Dimension, die innere betrifft die Glaubens- und Gewissens- freiheit und die äußere die Ausübung der Religion, auch in der Öffentlich- keit. Dabei bestehen die üblichen Einschränkungsmöglichkeiten, etwa aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit oder Moral, nur für die äußere Ausübung. Das Ausmaß der mit der Religionsfreiheit verbundenen Rechte hängt in der Praxis auch von der staatlichen Anerkennung ab (vgl. Benedek 2018, 253–274). Religiöser Fundamentalismus, ob christlicher, jüdischer oder islamischer Natur, ist durch die Religionsfreiheit solange geschützt, als damit nicht eine (Aufstachelung zu) Gewaltanwendung bzw. religiösem Hass oder ein Eingriff in die Rechte und Freiheiten anderer verbunden ist. Die Verfolgung der Zeugen Jehovas und die Auflösung ihrer Einrichtungen durch russi- sche Behörden wegen Extremismusvorwürfen ist daher nicht gerechtfer- tigt.2 Hingegen kann der Schutz religiöser Gefühle etwa gegen Blasphemie durch die Religionsfreiheit gedeckt sein.3 Allerdings werden Diffamierung und Blasphemie von autoritären Staaten auch zur Einschränkung der Mei- nungsäußerungsfreiheit oder der Religionsfreiheit genutzt.4 Die Grenze zwischen Blasphemie und Menschenrechten steht in einer ge- wissen Abhängigkeit von Ort und Zeit (vgl. Bielefeldt 2013). So gab es in der Vergangenheit einige Fälle, wo die von nationalen Gerichten getroffenen Einschränkungen der Freiheit der Kunst oder der Meinungsäußerung aus Gründen der Moral oder der Rechte anderer vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als legitim und auch in einer demokratischen Gesell- schaft als erforderlich beurteilt wurden (vgl. Grabenwarter/Pabel 2016). Während sich die christlichen Kirchen und Gläubigen im Zug der Säkula- risierung der Gesellschaft vor allem in Westeuropa in ihrer Mehrheit an einen weiten Begriff der Meinungsäußerungsfreiheit gewöhnt haben, ging die Entwicklung in anderen Gesellschaften in eine andere Richtung. Dies war durch neue fundamentalistische Strömungen begünstigt, wobei die- se in einigen Ländern, wie etwa der Türkei, aus Gründen des politischen 2 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Jehova’s Wit- nesses of Moscow v. Russia, No. 302/02, 10.06.2010, und GLAZOV LRO and others v. Russia, No. 3215/18, 15.01.2018, noch nicht entschieden. 3 Siehe Europäischer Gerichts- hof für Menschenrechte, Research Division, Overview of the Court’s case law on Freedom of Religion, https:// www.echr.coe.int/Documents/ Research_report_religion_ENG. pdf [09.03.2021], und insbesondere Otto-Preminger-Institut v. Österreich, 20.09.1994. 4 Siehe den einschlägigen Bericht des UNO-Sonderberichterstatters für Religionsfreiheit: UN expert urges States to protect „mutually reinforc- ing“ freedoms of expression, religion and belief, https://www.ohchr.org/ en/NewsEvents/Pages/DisplayNews. aspx?NewsID=24257&LangID=E [09.03.2021]. Die Grenze zwischen Blasphemie und Menschenrechten steht in einer gewissen Abhängigkeit von Ort und Zeit.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
4:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
224
Kategorien
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