Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Seite - 50 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 50 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1

Bild der Seite - 50 -

Bild der Seite - 50 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1

Text der Seite - 50 -

50 | www.limina-graz.eu Wolfgang Benedek | Religiöser Fundamentalismus aus menschenrechtlicher Sicht Machterhalts noch staatlich gefördert wurden. Wie das Beispiel Pakistan zeigt, kann man aufgrund eines sehr weitreichenden Blasphemieverständ- nisses sehr leicht im Gefängnis landen, ja auch die Todesstrafe ist mög- lich.5 Weltweit stehen Religions- und Weltanschauungsfreiheit in vielen Ländern zunehmend unter Druck.6 Kaum ein Menschenrecht ist für Fundamentalisten so schwer zu ertragen wie das Recht auf Meinungsfreiheit bzw. auf freie Meinungsäußerung. Das lässt sich insbesondere bei als Blasphemie empfundenen Texten oder Ka- rikaturen nachweisen, wie die sog. dänischen Karikaturen oder die Kari- katuren in der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo zeigen (vgl. Herzberg 2015). Muslime in weit entfernt liegenden Ländern können sich aufgrund der Globalisierung zum Beispiel durch einen in den USA produ- zierten Videoclip über den Propheten Mohammed in ihren Wertvorstellun- gen verletzt fühlen, radikalisierte Muslime fühlen sich zu Gewaltanwen- dung motiviert (vgl. Benedek/Kettemann 2020, 41). Eine richtunggebende Entscheidung für das Verhältnis zwischen Religi- onsfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit traf der Europäische Gerichts- hof im Fall E.S. gegen Österreich, der 2018 entschieden wurde. Hier hatte eine Referentin bei einer öffentlichen Fortbildungsveranstaltung zu „Grundla- gen des Islam“ im Rahmen des Bildungsinstituts der Freiheitlichen Partei Österreichs im Jahr 2009 behauptet, dass der Prophet Mohammed nicht der ideale Mann gewesen sei, wie die Muslime glaubten, auch weil er pä- dophil war, weil er „nun mal gerne mit Kindern ein bisschen was“ gehabt habe, wofür als Beispiel eine 6-Jährige genannt wurde. Gemeint war die Heirat mit Aisha. Ein Journalist brachte diese Aussage zur Anzeige und die Referentin wurde von österreichischen Gerichten wegen Herabwürdigung religiöser Lehren gem. § 188 Strafgesetzbuch zu einer geringen Strafe von € 480,- verurteilt, weil darin „eine Beschimpfung oder Verspottung einer Religion oder von ihr verehrter Personen“ gesehen wurde. Auch der Oberste Gerichtshof sah darin kein Bemühen um einen Beitrag zu einer seriösen De- batte zu Islam oder der Frage der Kinderehe, sondern eine bewusste Dif- famierung des Propheten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte würdigte die von den österreichischen Gerichten getroffenen Abwägungen im Hinblick auf den bestehenden erheblichen Ermessensspielraum in sol- chen Fällen einstimmig als ausreichend und sah keine Verletzung der von 5 Siehe zu Pakistan: „Professor wegen Blasphemievorwürfen zum Tode verurteilt“, Zeit Online vom 21.12.2019, https://www.zeit.de/ge- sellschaft/zeitgeschehen/2019-12/ pakistan-blasphemie-vorwurf-to- desurteil-junaid-h?utm_refer- rer=https%3A%2F%2Fwww.google. com [30.11.2020]. 6 Vgl. Zweiter Bericht der deutschen Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit für 2018 und 2019 (Berlin 2020), https:// www.bmz.de/religionsfreiheit/de/ der-bericht/Zweiter-Religionsfrei- heitsbericht.pdf [09.03.2021], Kaum ein Menschenrecht ist für Fundamentalisten so schwer zu ertragen wie das Recht auf freie Meinungsäußerung.
zurück zum  Buch Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1"
Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
4:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
224
Kategorien
Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Limina