Seite - 60 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Bild der Seite - 60 -
Text der Seite - 60 -
60 | www.limina-graz.eu
Wolfgang Benedek | Religiöser Fundamentalismus aus menschenrechtlicher Sicht
Es ist somit aus integrationspolitischen und gesellschaftspolitischen
Gründen von größter Bedeutung, dass MuslimInnen nicht den Eindruck
gewinnen, dass in ihrem Fall mit zweierlei Maß gemessen wird, indem
Menschenrechte und rechtsstaatliche Garantien für sie nicht in gleichem
Maße gelten. Das trifft naturgemäß besonders auf die Religionsfreiheit zu,
etwa hinsichtlich der Errichtung von Moscheen mit und ohne Minarett, auf
den gleichen Zugang zum Recht auf Bildung oder das Gebot der Nichtdis-
kriminierung im Hinblick auf verschiedene Rechte wie das Recht auf Arbeit
im Allgemeinen.
Wer will, dass MuslimInnen nach den europäischen Werten leben, muss
daran interessiert sein, dass sie auch nach diesen Werten behandelt wer-
den, was, wie gezeigt, nicht immer der Fall ist. Dabei ist streng zwischen
der großen Mehrheit integrationswilliger und friedliebender MuslimInnen
und den wenigen zu unterscheiden, die als sog. Djihadisten eine Verbrei-
tung des Islam mit Gewalt erreichen wollen oder einen extremen politi-
schen Islamismus verfolgen. Jede Verallgemeinerung ist kontraproduktiv
und erschwert die notwendige Zusammenarbeit aller zur Verhinderung
und Bekämpfung des extremistischen und gewaltbereiten Islamismus. Vor
allem der Prävention ist besonderes Augenmerk zu schenken. Dafür sind
die derzeit vorrangig eingesetzten Mittel der Repression nur beschränkt
geeignet. Erfolgversprechender sind bildungs- und sozialpolitische Maß-
nahmen und die Achtung der Menschenrechte.
8 Gegenstrategien zum religiösen Fundamentalismus
mit Hilfe der Menschenrechte
Die Ausbreitung des religiösen Fundamentalismus ging mit einer Infrage-
stellung der liberalen Menschenrechte einher und trug zu einem weltwei-
ten Rückschritt in der Beachtung und beim Schutz der Menschenrechte bei,
wie er seit mehr als einem Jahrzehnt zu beobachten ist. Gegenstrategien,
wie die Stärkung der Toleranz und die Organisation von interreligiösen Fo-
ren für den Dialog, hatten nur eine sehr beschränkte Wirkung. Es ist davon
auszugehen, dass sich der internationale Kontext in absehbarer Zeit nicht
wesentlich verbessern wird, wozu neue Machtfaktoren wie China beitragen.
Jede Verallgemeinerung ist kontraproduktiv und erschwert
die Bekämpfung des gewaltbereiten Islamismus.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 224
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven