Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Seite - 82 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 82 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1

Bild der Seite - 82 -

Bild der Seite - 82 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1

Text der Seite - 82 -

82 | www.limina-graz.eu Christian Feichtinger | Reinheit und fundamentalistische Gefährdung dringlinge‘, die als Gefährdung der Homogenität, des gemeinsam Geteil- ten, wahrgenommen werden. CS-Gruppen können sich negativ auswirken, indem sie Individualität zu Gunsten der Gruppe negieren oder auflösen und das gemeinsame Band zum Ausschlusskriterium für Außenstehende wird, aus dem sich ein ‚Wir gegen die anderen‘ entwickeln kann. Um nicht-kon- formes Verhalten zu bekämpfen, Abweichler:innen zu bestrafen oder die Integrität der Gruppe gegen Außenstehende zu verteidigen, können CS- Modelle dann auch Gewalt anwenden; in manchen Fällen dienen schwä- chere Formen von Gewalt zudem als Initiationsritual (vgl. Fiske 1992, 693– 700). Die Reinheit des Ordnungssystems verbindet sich auf diese Weise mit einer Reinheit des sozialen Systems – es kommt zu einem Zusammenwir- ken von ideologischen und sozialen Dynamiken, die beide ein ihnen eige- nes Gewaltpotenzial aufweisen. Die rigide Interpretation des Ordnungssystems, das eine vermehrte Kon- frontation mit Anomalien und Bedrohungen erzeugt, verbindet sich mit dieser besonders engen Form der Gruppenbildung, woraus ein spezifisches Gewaltpotenzial erwächst, wenn die Reinheit des eigenen Systems nicht mehr ausreichend von der ‚Gefährdung‘ durch das Unreine abzugrenzen ist. Die Rigidität und das Bedrohungsgefühl des Ordnungssystems korre- spondieren mit der sozialen Struktur der Gruppe und deren Sprache und Verhaltensweisen, die ebenso enggeführt werden und zugleich einer Viel- zahl von (imaginierten) Bedrohungen ausgesetzt sind. Die Hinwendung zu Autoritarismus erscheint dabei als Nebeneffekt dieses Prozesses: Der Maßstab für die Beurteilung und die Rolle von Autoritätspersonen (die es in jedem sozialen System gibt) verschiebt sich in diesem Prozess hin zu deren Fähigkeit, die vermeintlichen Bedrohungen abzuwehren. Die Her- vorhebung von Bedrohungen dient zugleich wieder der Stabilisierung der Gruppe. Als Veranschaulichung kann der Salafismus herangezogen werden: Aladin El-Mafalaani spricht bei salafistischen Gruppen von einer „Provokation der kollektiven Askese“ (El-Mafalaani 2017, 79): Die strenge, enggeführ- te Deutung der islamischen Lehre verbindet sich mit einer eng definierten Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe und einer strengen Regelung des Le- bens: Sie betonen den Verzicht auf eine als verkommen geltende ‚Spaß- gesellschaft‘, auf deren Verlockung von Konsum, Sex, Alkohol und Feiern Autorität wird gemessen an der zugeschriebenen Fähigkeit, Bedrohungen von der Gruppe abzuwehren.
zurück zum  Buch Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1"
Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
4:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
224
Kategorien
Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Limina