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Adem Aygün | Fundamentalismus im zeitgenössischen islamischen Denken
̟ theologisch-praktische Unterschiede zwischen Sunnitentum,
Schiitentum und Charidschitentum in Bezug auf die Führungsfrage
von Musliminnen und Muslimen nach dem Tode Mohammeds;
̟ juristische Unterschiede, welche zur Entstehung der Rechtsschu-
len wie Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten und Schafiiten führten;
̟ die spekulative Theologie, die sich um Denkschulen wie Aschari-
ten, Maturiden und Mutaziliten bildete;
̟ Spiritualität als eine asketische Lebensführung wie im Sufismus,
welcher sich von anderen religiösen Lebensformen des Islam un-
terscheidet;
̟ tiefgreifende und dauerhafte sozio-politische Umwälzungen, die
für das zeitgenössische islamische Denken und die religiösen Be-
wegungen ausschlaggebend und auch Ausgangspunkt dieses Arti-
kels sind.
Der Umgang mit den letztgenannten Umwälzungen brachte in den vergan-
genen 150 Jahren drei grundlegende Ansätze – Traditionalismus, Reformis-
mus und Modernismus – in der islamischen Welt mit sich, welche den zeit-
genössischen islamischen Bewegungen zugrunde liegen. Davon ausgehend
versucht dieser Artikel, folgende Fragen zu beantworten:
̟ Wie formt die Ideologie des islamischen Fundamentalismus die is-
lamischen Bewegungen bzw. Gruppierungen?
̟ Anhand welcher Faktoren beeinflusst die Ideologie des islamischen
Fundamentalismus die religiösen Ansichten von Musliminnen und
Muslimen auf der ganzen Welt?
2 Merkmale der fundamentalistischen Trends
Um all dies zu erfassen, ist es vor allem notwendig, die allgemeinen Merk-
male fundamentalistischer Bewegungen aufzudecken und einen Blick auf
die islamische Geschichte und Theologie zu werfen.
Obwohl der Fundamentalismus heute eher mit der islamischen Welt asso-
ziiert wird, wurde der Terminus zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA
zunächst für Strömungen im Christentum verwendet. Als Fundamentalisten
wurden jene Gruppen bezeichnet, die sich bemühten, zu den Grundlagen
des Christentums zurückzukehren, im Gegensatz zu liberalen Protestan-
ten, die beschuldigt wurden, das Christentum entstellt zu haben. Eines der
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 224
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven