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Rita Perintfalvi | LGBTIQ-Menschen als Zielscheiben rechtspopulistischer und fundamentalistischer Angriffe
1 Ideologisch motivierte IdentitÀts und GeschlechterkÀmpfe
Der Wunsch nach HomogenitÀt und die Beseitigung von HeterogenitÀt
im Horizont des Rechtspopulismus
Das âVolkâ ist fĂŒr die neorechte Ideologie eine identitĂ€re Volksgemeinschaft.
Dementsprechend will die neorechte Politik den Begriff âNationâ auf die
Grundlage einer ethnischen Gemeinschaft stellen und die menschenrecht-
lich fundierte, plurale Demokratie in eine ethnische BĂŒrgergemeinschaft
ĂŒberfĂŒhren. Zentrales Ziel der rechtspopulistischen Ideologie ist es, eine
starke, möglichst homogene kollektive IdentitÀt aufzubauen, wobei die
wichtigsten identitĂ€tsstiftenden Marker weiĂe Hautfarbe, christliche Re-
ligion und heterosexuelle Orientierung sind. OrbĂĄns âilliberale christlicheâ
Demokratie wird auf den Fundamenten einer ethnisch homogenen, christ-
lichen Gesellschaft aufgebaut, wobei die christliche IdentitÀt nicht als re-
ligiöse, sondern als kulturelle IdentitÀt verstanden wird. Der ungarische
Politikwissenschaftler AndrĂĄs BozĂłki spricht im Fall von Ungarn ĂŒber eine
politische Fusion zwischen Nationalismus und Christentum (vgl. BozĂłki/
ZoltĂĄn 2018, 26).
Die christliche Religion stellt das ergÀnzende Element der nationalen Ideo-
logie dar. Die Rechtspopulist*innen instrumentalisieren damit die âchrist-
lich-nationaleâ IdentitĂ€t: Das Christentum wird als gut funktionierendes
Mittel der politischen Legitimation verwendet, ohne dass diese IdentitÀt
wesentliche religiöse Inhalte tragen wĂŒrde.
Die neorechte Ideologie betont das Prinzip der HomogenitÀt und beseitigt
HeterogenitÀt. Deswegen bietet eine solche identitÀre Demokratie keinen
Platz fĂŒr das Fremde, sondern wehrt sich gegen die sogenannten âAnde-
renâ, wie Migrant*innen, Muslim*innen, Romnija/Roma, Obdachlose etc.,
und setzt sich aggressiv von ihnen ab. Da nach der neorechten Ideologie nur
eine möglichst homogene Gesellschaft einer Demokratie Kraft gibt (vgl. De
Benoist/De Trevillert 1986, 24f.), entsteht leicht ein feindseliger Kontrast
zwischen einem âWirâ des âVolkesâ (ingroup) und den âAnderenâ (outgroup),
dessen Folge durch Sexismus, Feindseligkeit gegenĂŒber sexuellen Minder-
heiten und teilweise auch Antisemitismus gekennzeichnet ist (vgl. Perint-
falvi 2019, 162).
Eine politische Fusion zwischen Nationalismus und Christentum
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 224
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven