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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
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166 | www.limina-graz.eu Rita Perintfalvi | LGBTIQ-Menschen als Zielscheiben rechtspopulistischer und fundamentalistischer Angriffe Was hier unter dem Deckmantel des Schutzes des Kindes formuliert wurde, ist für transsexuelle2 Menschen, die sich oft schon von Kindheit an nicht mit ihrem angeborenen Geschlecht identifizieren können, äußerst proble- matisch. Die Geschlechtsidentität bezeichnet die Übereinstimmung der er- lebten mit der anatomisch-biologischen Geschlechtszugehörigkeit. Sie ist ein „fester Bewusstseinsinhalt, einem Geschlecht anzugehören“ (Eicher 1992, 17). Bei Transsexuellen fehlen genau diese Harmonie und Gewissheit. Von Be- troffenen wird Transsexualität als das erlebte Gefühl beschrieben, sich im falschen Körper zu befinden. Sie besitzen einen Körper, den sie nicht füh- len und betrachten wollen, weil er nicht ihrem Empfinden, ihrer Identität entspricht. Solche Menschen haben den „Wunsch, als Angehöriger des an- deren Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden. Dieser geht meist mit Unbehagen oder dem Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen ana- tomischen Geschlecht einher.“3 Die moderne Medizin spricht von Gender Incongruence, also von „geschlechtsspezifischer Abweichung“ (ICD-11, 20224). Das bedeutet eine Inkongruenz zwischen biologischer, sexueller Differenzierung und Geschlechtsidentität. Transsexuelle entsprechen „chromosomal, anatomisch und hormonal ihren phänotypischen Ge- schlechtsmerkmalen, empfinden sich aber in ihrer Geschlechtsidentität eindeutig dem anderen Geschlecht zugehörig und wünschen deshalb, ihrem psychologischen Geschlecht durch hormonelle und operative Be- handlung angepasst zu werden“ (Eicher 1992, 17). Laut DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, American Psychiatric Association, 2003) geht es bei Transsexualität um ein starkes und andauerndes Zugehörigkeitsgefühl zum anderen Geschlecht (d. h. nicht le- diglich um das Verlangen nach eventuellen kulturellen Vorteilen, die als mit der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht verbunden empfunden werden). Im DSM V (2013) wurde statt „Transsexualität“ schon die neue Bezeichnung Gender Dysphorie gewählt, um eine Bewertung darüber, was ‚normal‘ bzw. kongruent ist, zu vermeiden. Die aktuellste Version schließt somit explizit ein, dass die Geschlechtsrolle außerhalb der Norm der Zwei- geschlechtlichkeit liegen kann. Die Symptome sind: geäußertes Verlangen nach Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht, häufiges Auftreten als An- gehörige*r des anderen Geschlechts, das Verlangen, wie ein*e Angehö- rige*r des anderen Geschlechts zu leben oder behandelt zu werden, oder die Überzeugung, die typischen Gefühle und Reaktionsweisen des anderen 2 Der Begriff „Transsexualität“ wurde in den Revisionen der Dia- gnose manuale ICD-10 (World Health Organisation, 2006) und DSM-IV (American Psychiatric Association, 2003) durch „Geschlechtsidenti- tätsstörung“ (Gender Identity Dis- order) abgelöst. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass der Begriff „Transsexualität“ das psychologi- sche bzw. soziale Geschlecht (gen- der) nicht berücksichtigt. 3 Definition von GID im ICD-10 (World Health Organisation, 2006). GID steht für Gender Identity Dis- order. Laut ICD-10 wird die Ge- schlechtsidentitätsstörung den „Persönlichkeits- und Verhaltens- störungen“ zugeordnet, gilt jedoch im neuen ICD-11 nicht mehr als psy- chische Krankheit. Da diese Einord- nung betroffene Personen sehr stig- matisiert hat, hofft man durch die Änderung die soziale Akzeptanz von trans*-Menschen zu erhöhen. Bis zum ICD-10 wurde Transsexualität im Bereich der mental and behavi- oural disorders (also der psychischen Störungen und Verhaltensstörun- gen) eingeordnet. 4 Im neuen Katalog der WHO, dem ICD-11, der 2022 in Kraft tritt, wird die Diagnose in Gender Incongru- ence (geschlechtsspezifische Ab- weichung) geändert. Dafür wird die Kategorie Sexual Health Conditions (Zustandsformen sexueller Gesund- heit) eingeführt (vgl. Moser 2017).
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 4:1
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
4:1
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
224
Kategorien
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