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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
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39 | www.limina-graz.eu Thomas Söding | Freiheit des Gewissens – Freiheit des Glaubens theologisches Diskussionsforum, weil die Bibel, der christlichen Tradition zufolge im Alten wie im Neuen Testament, das grundlegende Gotteszeug- nis sammelt, das jeden theologischen Diskurs fundiert, stimuliert, kriti- siert und orientiert. Mehr noch: Im Alten wie im Neuen Testament ist die Spannung wie die Verbindung von Autonomie und Theonomie grundge- legt, weil die Frage nach der Geltung des Gesetzes, d.  h. nach seiner be- freienden Kraft, seiner sanktionierenden Macht und seinem inneren Ethos, einen roten Faden von der Tora bis in die Briefe des Neuen Testaments lie- fert (Feldmeier/Spieckermann 2012). Im Neuen Testament ist Paulus der wortmächtige Denker und Anwalt der Freiheit. Im Römerbrief, den er an die christliche Gemeinde in der Haupt- stadt des Imperiums geschrieben hat, wird das Thema auf den Punkt for- muliert – politisch sensibel, anthropologisch reflektiert, spirituell und ethisch orientiert. Die Stimme des Gewissens Paulus selbst scheint es gewesen zu sein, der das „Gewissen“, das der Stoa bekannt gewesen ist, in den Sprachschatz des Urchristentums ein- gebracht hat (Söding 2017), so wie es vor ihm Philo von Alexandrien für das Judentum gelungen ist (Bosmann 2003). Das „Gewissen“ ist für Paulus eine letztverbindliche Instanz nicht nur für die Moral, sondern auch für die Religion eines Menschen. Es zeigt, dass ein Mensch ein Verhältnis zu sich selbst entwickelt; es zeigt zugleich, dass es sich nicht solipsistisch, sondern relational versteht. Schon der griechische Begriff syneidesis (conscientia) zeigt an, dass das Gewissen nicht die einsame Insel ist, auf die ein Mensch sich zurückzieht, um alle Kontakte zur Mitwelt abzubrechen, sondern das Forum eines persönlichen Wissens, eines moralischen Bewusstseins und einer religiösen Überzeugung, auf dem sich das Ich mit anderen verbindet: mit anderen Menschen, aber bei Paulus – ähnlich wie bei Philo – in allem mit Gott. Der paulinische Begriff des Gewissens unterscheidet sich wegen seiner Theozentrik vom modernen, der vor allem ethisch gefärbt ist, sowohl im Justizwesen (Giersch/Freitag 2015) als auch in der praktischen Philoso- Die Spannung wie die Verbindung von Autonomie und Theonomie ist in der Bibel grundgelegt.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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