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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
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41 | www.limina-graz.eu Thomas Söding | Freiheit des Gewissens – Freiheit des Glaubens tigkeit auch gegen Widerstände zum Durchbruch zu verhelfen. Folgt man der Apostelgeschichte, hat Paulus nicht im Leben daran gedacht, seine Freiheitsrechte nicht zu verteidigen, auch vor Gericht (Omerzu 2002), und nach Lukas durchaus mit Berufung auf sein Gewissen (Apg 23,1). In der korinthischen Korrespondenz spricht Paulus vom Gewissen der Gläubigen auch im Blick auf innerkirchliche Prozesse. Es zeigt sich, dass dort derselbe Gewissensbegriff vorliegt wie im Römerbrief, der in Korinth geschrieben worden ist. Wie dort geht es um eine Urteilsinstanz, die für die Person, die sie trifft, grundlegende Bedeutung hat; wie dort geht es um Al- ternativen, denen man nicht ausweichen kann; wie dort geht es um Ent- scheidungen, die weitreichende Konsequenzen haben. Im Ersten Korintherbrief sorgt Paulus sich um das „Gewissen“ der „schwa- chen“ Gläubigen, die durch die „Freiheit“ der „Starken“ (zu denen der Apostel sich selbst zählt) nicht verführt werden dürfen, am Evangelium „Anstoß“ zu nehmen, heißt: gegen ihr Gewissen, gegen die eigenen Glau- bensüberzeugungen, zu handeln und am Ende vom Glauben abzufallen (1  Kor 8–10). Das Thema ist „Götzenopferfleisch“, ein Paradebeispiel für die Frage nach der Beteiligung der Christen am öffentlichen Leben, das durch Religion tief geprägt ist, wenngleich die Götterverehrung eher Loya- lität als Bekenntnis zum Ausdruck gebracht hat (Linke 2014). Das Gewissen eines anderen Menschen muss in jedem Fall geachtet werden – auch im eigenen Gewissen. Es kann irren oder, wie in diesem Fall, schwach sein. Das Recht, das es begründet, ist aber nicht schwach und irrt nicht. Es ist ein moralisches Recht, das theologisch begründet ist. Für diejenigen, die über ein starkes, ein gebildetes, ein freies Gewissen verfügen, gilt desto mehr, dass sie ihre Freiheit nicht auf Kosten derer ausleben, für die Jesus Christus gestorben ist (1  Kor 8,11) – ebenso wie für die eigene Person. Im Zweiten Korintherbrief spricht Paulus – angesichts harter Auseinan- dersetzungen, die er mit den Korinthern über den Stil seines Apostolates zu führen hat – von der Rechenschaft, die er als Apostel ablegt, nicht nur vor Gott, sondern auch vor den Korinthern. Deshalb appelliert er an ihr Gewis- sen (2  Kor 5,11). Seine Zuversicht: Wenn sie auf die moralische und religiöse Instanz, die ihnen eigen ist, hören, ohne sich von anderen Stimmen irri- tieren zu lassen, müssen und werden sie erkennen, wie unbestechlich und wegweisend die paulinische Verkündigung ist, gerade weil sie nicht aufs Überreden, sondern aufs Überzeugen setzt und mit dem Gewissen ein Or- gan des Hörens, des Nachdenkens und der Vergewisserung anspricht, das den Menschen selbst auszeichnet, unvertretbar, unverwechselbar, unver- äußerlich. „Gewissen“ steht hier im Plural, weil alle Gemeindemitglieder
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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