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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
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43 | www.limina-graz.eu Thomas Söding | Freiheit des Gewissens – Freiheit des Glaubens von Jesu Tod und Auferweckung ist – sie befreit (2  Kor 3,17). Der Ort dieser Befreiung ist das Gewissen. Im Gewissen wird klar, dass Befreiung nicht Fremd-, sondern inspirierte Selbstbestimmung ist. Paulus weiß, dass er nicht nur die Freiheit des Glaubens achten muss, wenn er als Missionar Jesu Christi wirkt; er sieht diese Freiheit auch als die Form, die der Glaube findet. Das Gewissen der Heiden, an die Paulus im Zwei- ten Korintherbrief denkt, ist die Andockstation für die Verkündigung des Evangeliums; im Gewissen nehmen die Hörer das Wort Gottes als ihr eige- nes auf. Umgekehrt heißt dies, dass weder die Verkündigung des Evangeli- ums noch der Glaube, auf den sie aus ist, voraussetzungslos ist. So wie das Evangelium Jesu Christi den Verheißungen der Prophetie entspricht (Röm 1,2), so kommt im Ja des Glaubens die Stimme des Gewissens zum Aus- druck. Im Umkehrschluss heißt dies, dass die Verkünder die Gewissensfreiheit de- rer achten, ja fördern müssen, an die sie sich wenden. Paulus hat über ein „Nein“ aus Gewissensgründen nur an einer einzigen Stelle nachgedacht: beim Widerspruch der Juden, der aus „Eifer für Gott“ resultiert (Röm 10,2), weil der Monotheismus Israels nicht mit der Christuserkenntnis des Glau- bens in Übereinstimmung gebracht wird. Wer hermeneutisch mit Paulus über Paulus hinauszugehen bereit ist, wird den theologischen Fokus des Apostels auf Israel rekonstruieren und die Weitung der Gewissensthematik auch für die Heiden nachvollziehen können, nur dass dann schöpfungs- theologisch argumentiert werden muss, während dort geschichtstheolo- gisch argumentiert wird. Im Römerbrief spricht Paulus vom Gewissen der Heiden dort, wo er argu- mentiert, dass Gott in seiner Gerechtigkeit mit heiligem Zorn auf die Sünde von Juden und Heiden reagiert (Röm 1,19  –  3,20). Dieser Zorn wird in Jesus Christus durch Gottes rettende Macht verwunden (Röm 1,16f.). Aber er ist deshalb nicht ungeschehen gemacht, sondern in derselben Gerechtigkeit begründet, die zur Rechtfertigung der Gläubigen, zur Rettung ganz Israels und zur Erlösung des Kosmos führt. Um die Gerechtigkeit des Zornes Got- tes und die Erlösungsbedürftigkeit eines jeden Menschen zu begründen, argumentiert Paulus mit der ethischen Verantwortung, die alle Menschen haben. Sie alle haben einen moralischen und religiösen Kompass – dem sie aber nicht folgen, obgleich sie es könnten und sollten. Die Juden haben zwar die Tora, halten sie aber nicht (Röm 2,17–29); die Heiden haben ihr Im Ja des Glaubens kommt die Stimme des Gewissens zum Ausdruck.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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