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Gunda Werner
Als die „unschicklichste Denkart“ charakterisierte Immanuel Kant die Vor-
stellung der christlichen Erbsünde. Wie etwas Sünde und Vererbung sein
könne, hinterfragt auch Karl Barth ironisch. Die beiden sind mit ihrer Kritik
an der Vorstellung, eine erste Sünde Adams könne vererbt werden, nicht
alleine. Und doch ist diese Vorstellung für die christliche Religion prägend
und katholisch bindend bis heute. Der Aufsatz möchte das Thema der Frei-
heit in einer kritischen theologiegeschichtlichen Relektüre auf diese Eng-
führung innerhalb des theologischen Mainstream offenlegen und proble-
matisieren. Denn Freiheit wird sehr eng mit dem Freien Willen zusammen-
gebunden und durch diesen mit der Vorstellung einer vererbten Ursünde.
Durch diese theologiegeschichtliche Kritik wird deutlich, dass sich in der
Erbsündenlehre nicht nur ein lehramtlich bestätigter Übersetzungsfehler
findet, die logische Ausweglosigkeit dieses Denkens theologischen Protest
hervorgerufen hat, sondern bereits frühneuzeitlich Traditionskorrekturen
vorgenommen wurden, um diese Vorstellung der Erbschuld und ihrer Kon-
sequenzen für die Freiheit etwas abzumildern. Dies reichte der Aufklärung
freilich nicht aus und mit Immanuel Kant wird die Trennlinie zwischen
einer Schuldtheorie aus eigener Freiheit und eines vererbten Schuldzusam-
menhangs gezogen. Was aber hängt an der Freiheit? Weshalb sind die kri-
tischen Stimmen gegenüber dem theologischen Mainstream so relevant?
Freiheit und Sünde
LIMINA Grazer theologische Perspektiven | 2:2, 2019, 85–106 | www.limina-graz.eu | DOI: 10.25364/17.2:2019.2.5
ABSTRACT
Eine theologiegeschichtliche Rekonstruktion
For Immanuel Kant, the Christian idea of the original sin was the “most unfit-
ting notion”. Karl Barth also cynically questioned how something can be sin or
hereditary. Kant and Barth are not the only ones who criticise the belief that
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 267
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven