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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Seite - 87 -
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88 | www.limina-graz.eu Gunda Werner | Freiheit und Sünde 1 „Gleichwohl war in ihnen der freie Wille keineswegs ausgelöscht worden“ a) Freiheit unter den Bedingungen realen Menschseins – oder wieso Freiheit mit Sünde in einem Atemzug gedacht wird Wenngleich schon zu griechischen Zeiten Freiheit ein Thema philosophi- scher Reflexion war (Pamen 2011, 802), ist die spezifische Lesart christ- licher Tradition von jener noch einmal dadurch unterschieden, dass der konkrete Zustand des Menschen als sündiger reflektiert wird. Die Erfah- rung des Menschen, an eine Kraft in ihm/ihr verfallen zu sein, die zur bösen Tat verführt, wird in dichten und existenziell ansprechenden Beschreibun- gen entfaltet. Die Universalität der Sünde wird im eigenen Handeln erfah- ren und dies – und da ist die Verbindung zum Thema – als Freiheitshan- deln. Wie aber lässt sich die Allgemeinheit der Sünde erklären? Wo liegt ihr Ursprung? Wie steht die Sünde zur Freiheit? Damit kommt Röm 5,12–21 in den Blick. Diese Stelle darf als die Kronzeugin für die klassische Erb- sündenlehre gelten. Besonders markant an dieser Stelle ist, dass dies die einzige Stelle ist, „deren nachweisliche Fehlinterpretation (durch Augus- tinus nämlich) dann später (durch das Tridentinum) lehramtlich rezipiert worden ist“ (Pröpper 2011, 965). Paulus baut im Römerbrief korrespondie- rende Bilder auf, so z.  B. Adam zum Tod, Christus zum Leben. Der Vers  12 – „Wie durch einen einzigen Menschen die Sünde in die Welt kam und durch die Sünde der Tod und auf diese Weise der Tod zu allen Menschen gelangte, weil alle sündigten“ – ist entscheidend für die gesamte weitere theologi- sche Entwicklung, denn die Vulgata übersetzte das „eph ho“ mit „in quo“ und baut damit eine relativische Logik auf. Der Vers liest sich nun so, dass alle in Adam gesündigt hätten. Wird aber „eph ho“ kausal verstanden, wie es dem aktiven Verb „haemar- ton“ entspricht, dann ist die ursprüngliche Bedeutung wiederhergestellt, die in dieser Kausalität denken wollte. Wird der Vers 12 so gelesen, ergibt er folgende Bedeutung: „Die Sünde ist zuerst die Tat Adams, der mit ihr der Sünde und in deren Gefolge dem Tod den Eintritt in die Welt öffnete. Dadurch wurden Sünde und Tod die beherrschenden Mächte der Welt. Ohne Zweifel war somit die Sünde Adams verhängnisvoll für alle folgende Menschheit, aber der Zusatz ‚weil alle sündigten‘ präzisiert doch sogleich, dass die späteren Menschen erst durch persönliche Sünde und eigene Entscheidung des von Adam ausgehenden Verhängnisses teilhaftig wurden. […] Zwar wird
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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