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Gunda Werner | Freiheit und Sünde
durch den Hinweis auf den geschichtlichen Anfang der Sünde in Adam
gerade die Allgemeinheit der Sünde und damit des Todes betont, aber
keineswegs in ihrer Entstehung erklärt.“ (Pröpper 2011, 968–969)
Die Entstehung des geschichtlichen Anfangs bleibt offen, und sie wird
ebenso stehen gelassen wie die Frage nach dem Ursprung des Bösen. Al-
lerdings ist für Paulus sehr klar, dass, bei aller erfahrbaren Verfallenheit an
die Sünde, diese doch eine eigene, persönliche und freiheitliche Tat ist. Der
innere Zusammenhang zwischen Freiheit und Sünde ist hier (noch) nicht
zugunsten der Sünde aufgelöst.
b) Der Freie Wille – Ort des Freiheitsvollzugs und Thema von Kontroversen
Nachdem es in den ersten Jahrhunderten nicht deutlich gewesen war, wie
der Zusammenhang zwischen Adam und seiner Sünde sowie der Sündig-
keit der Menschheit und des einzelnen Menschen zu denken ist, wie also
dieser Verhängniszusammenhang zu deuten ist, wurde dies durch Augus-
tinus in ein Vererbungsverständnis vereindeutigt. Allerdings mit fatalen
Folgen! Möglich wurde diese Vereindeutigung gerade durch den Überset-
zungsfehler, denn mit diesem ist der Gedanke einer Vererbung der Schuld
in die Theologiegeschichte eingeführt worden. Zudem wird die Vorstellung
des Freiheitsvollzuges für sehr lange Zeit an ein Vermögen des Menschen
gebunden werden, welches von Augustinus an gewissermaßen theologisch
‚Karriere‘ machen wird: die Frage nach dem freien Willen, dem liberum
arbitrium also. Dieser wird näherhin mit dem postlapsarischen Zustand des
Menschen verknüpft.
Die Frage nach der Freiheit wird in der Konsequenz auf die Frage des freien
Willens konzentriert und damit zur Frage, wie das sittliche Handeln be-
gründet werden kann angesichts der Sünde und des Bösen. Dabei wird für
Augustinus leitend, dass das Böse und die Sünde nicht Gott angelastet wer-
den dürfen, sondern alleine dem Menschen, und daher stellt sich die Frage,
wie das Handeln des Menschen zu verstehen ist. Hier zeichnet sich in der
Werk entwicklung von Augustinus eine Zuspitzung ab, die zugleich die Frei-
heit des Menschen immer eingegrenzter denkt. (Pröpper 2001, 1000–1010)
Erst 397 vollzieht Augustinus in der Schrift Ad Simplicianum die Radikali-
Die Frage nach der Freiheit wird auf die Frage
des freien Willens konzentriert.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 267
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven