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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
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93 | www.limina-graz.eu Gunda Werner | Freiheit und Sünde Ursünde, nach dem freien Willen und einer zusammenhängenden theolo- gischen Durchdringung von Reue und Rechtfertigung. Erst im Zueinander dieser Themen, so meine Überzeugung, lässt sich das eigentliche Thema, die Freiheit angesichts der Sünde, wirklich durchdringen. Die Kreativität auf dem Konzil bestand vor allem darin, den Gedanken des Rechtferti- gungsdekrets, dass der Mensch einen freien Willen bleibend besitze, mit der theologischen Aussage zur Ursünde und der sakramentalen Buße über die Reue als Disposition der Rechtfertigung zu verbinden. Diese Reue macht den Menschen weder zum Heuchler noch zum Sünder, wie die Reformato- ren sie verstanden, sondern als freie Disposition bleibt die Reue eindeuti- ges Tun des Menschen. (Vorgrimler 1976, 417)6 Mehr noch, sie bleibt als diese Disposition „zur Rechtfertigung des Menschen aus der vergebenden Gnade Gottes“ (Vorgrimler 1978, 175) notwendig. Vor allem ist es nötig gewesen, sich über den freien Willen zu verständigen. In dieser Debatte können die Konzilsteilnehmer auf bereits geführte Dis- kurse zurückgreifen, zumal sich zu dieser Frage eben Luther ebenso deut- lich geäußert hat wie Erasmus. Verortet wird die Diskussion um den freien Willen und die Folgen der Erbsünde im Rechtfertigungsdekret. In diesem wird eine wesentliche Korrektur zu den Canones des 2. Konzils von Orange (529) vollzogen, indem es „die augustinische Tradition“ unterbricht und „ebenso (um es vorsichtig auszudrücken) die Kanones von Orange über den Verlust der Freiheit in neuer und geradezu korrigierender Weise“ (Pröpper 2011, 1075) akzentuiert. Diese Aussage wird – so Pröpper – im Canon 4 des Rechtfertigungsdekretes bestätigt, der sich für die Mitwirkung jenes durch Gott erweckten freien Willens einsetzt. Auf diese Weise können beide Per- spektiven korrigiert werden: die Synode von Orange ebenso wie die Vor- stellung des „mere passive“ von Luther. Bedeutend ist dabei die Klarheit, die dem Gnadengeschehen angemessen ist, denn „der absolute Primat der Gnade bleibt unangetastet, bestritten wird nur ihre Alleinwirksamkeit“ (Pröpper 2011, 1077). Weil durch die Erbsünde der freie Wille nicht restlos zerstört wurde, kann der Mensch sich in Selbsterkenntnis zur eigenen und damit sündigen Ge- schichte verhalten, diese erkennen und sein Leben verändern wollen, denn dies ist ja gerade die Verbindung zur Buße. Dass dies durch die gnadenhafte Eröffnung der Freiheit zu sich selbst geschieht, ändert weder etwas an der Ursprünglichkeit der Freiheit noch an der Wirksamkeit der Gnade. Durch 6 Vorgrimler differenziert die zu- grundeliegenden Reue-Theorien und beschreibt die reformatorische Position, in der die Contritio eben gerade keine freie Vorbereitung auf die Gnade sei, sondern als reine Zer- knirschung gedacht werde. An der Freiheit hängt viel, auch der Vollzug des Glaubens.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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