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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Seite - 93 -
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94 | www.limina-graz.eu Gunda Werner | Freiheit und Sünde diese Kurskorrektur wird aber vor allem in Erinnerung gerufen, dass an der Freiheit viel hängt, nämlich auch der Vollzug des Glaubens. Vor allem wird die Denkbarkeit der freien Handlung aufrechterhalten. Jedoch wurde auch auf dem Konzil von Trient weder die Frage nach dem freien Willen noch jene nach der Disposition des Menschen zur rechtfertigenden Gnade in der Reue abschließend geklärt, denn anders lassen sich die Auseinanderset- zungen um die Gnade und die Reue in den nachfolgenden Jahrhunderten nicht erklären.7 Das Konzil verhält sich zudem als erstes lehramtliches Dokument zur Ver- erbungskategorie der Erbsünde. (Pröpper 2001, 1071) Jedoch wird im Erb- sündendekret im Kanon 3 nur beschrieben, dass die Erbsünde durch pro- pagatione non imitatione weitergegeben wird. Der ursprüngliche Vorschlag von generatione wurde nicht gewählt, sondern die vage Vorstellung der Fortplanzung. Die Sünde Adams ist also in jedem Menschen zu denken und zugleich die Sünde eines jeden Menschen. Auf diese Weise ist „eine Fest- legung auf Augustins Übertragungstheorie [zu] verhindern und überhaupt allzu sexuelle Konnotationen [zu] vermeiden“ (Pröpper 2001, 1078). Des- wegen ist die Betonung so wichtig, dass die Konkupiszenz selbst noch kei- ne Sünde ist und die Sünde folglich der Natur nicht prädiziert ist. Durch die Taufgnade, so das Konzil von Trient, wird die „Strafwürdigkeit der Ursünde“ wirklich vergeben, also nicht nur „abgekratzt“ oder nur nicht „angerechnet“ (DH 1515). Thomas Pröpper sieht die Leistung des Konzils darin, „den Schuldcharakter des peccatum originale nun endlich auch ter- minologisch eindeutig [als] (reatum)“, also als Schuld bezeichnen zu kön- nen. (Pröpper 2001, 1073) Allerdings ist die vage Konstruktion des Konzils von Trient immer noch eine Erb kategorie, die in der Aufklärung und allem voran in der Religionsschrift von Imma nuel Kant radikal kritisiert und de- konstruiert wird. 2 Freiheit und Moderne a) Philosophische Hartnäckigkeit Die Auseinandersetzung um die Sünde und die Freiheit verschiebt sich zum Ende der Neuzeit und in der beginnenden Moderne von der Diskussion um die Willensfreiheit zunächst zur Frage nach der Autonomie des Menschen. In der philosophischen Debatte wird zudem die Differenz von Sünde und Schuld trennschärfer, so dass spätestens mit Søren Kierkegaard gesagt 7 Vgl. den ‚Reuestreit‘ und den ‚Gnadenstreit‘, dazu u. a. Werner 2017b.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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