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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
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98 | www.limina-graz.eu Gunda Werner | Freiheit und Sünde 2004) Deswegen war es für die Theologie notwendig, so Holzem, sich nach den radikalen Veränderungen einerseits „mit der massiven Bestreitung des Christentums und seiner Vergesellschaftung“ auseinanderzusetzen und andererseits die „existentielle Bedeutung des Christlichen als eine solche [zu erweisen, GW], die nicht mehr im reichspolitischen Weltbezug des Christen wurzelte, sondern in seinem Selbstbezug als Gottesgeschöpf“ (Holzem 2013, 18). Die Antwort der katholischen Theologie auf diese Herausforderungen ist ausgesprochen paradox. Denn es gibt einerseits das Projekt einer spezi- fisch katholischen Aufklärung. (Lehner 2016; auch Essen 2012a) Exem- plarisch steht hierfür die neu gegründete Fakultät in Tübingen, ebenso aber auch Georg Hermes in Bonn oder Anton Günther. (Vgl. Fries/Finsterhölzl 1969–1976; Fries/Schwaiger 1975) Allerdings verschärfen sich die theo- logischen Auseinandersetzungen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Richtungsstreit, in dem bald nur noch in sogenannte „römische“ und „deutsche“ Theologen unterscheiden wird, der der ultramontanen und damit theologisch der neuscholastischen auf der einen und der an der Philosophie der Aufklärung und weiterer wissenschaftlicher Entwicklung, allen voran der Geschichte und ihrer historisch-kritischen Methoden inte- ressierten auf der anderen Seite. Dass sich dieser Richtungsstreit letztlich in eine Richtung, die neuscholastische, entscheiden wird, ist wohl ebenso historisch bedingt wie kontingent und konsequenzenreich bis heute. (Vgl. Wolf 2010; Werner 2010; Werner 2017a ) Im Kern, und deswegen interessiert diese Situation in einer theologie- geschichtlichen Rekonstruktion zum Thema Freiheit und Sünde, geht es in dem theologischen Richtungsstreit um die Denkform der Freiheit und des selbstbestimmten Denkens und Handelns, also der Autonomie. Diese Auseinandersetzung ist mit Symboldaten zu umreißen, so 1791 die Verur- teilung der französischen Menschenrechtserklärung in ihrem Eintreten für Religions- und Pressefreiheit von Papst Pius VI. als „wahre Ungeheu- erlichkeit“10. Gefolgt wird diese Verurteilung von weiteren Verurteilungen der Gewissensfreiheit, von Meinungen und Theologen bis zu ihrem Höhe- punkt, dem sogenannten Antimodernisteneid 1907.11 Nervöses Zentrum dieser Gegenreaktionen ist die Vorstellung, der Mensch könne von sich aus, also autonom, entscheiden und bräuchte dafür die ins- titutionelle Orientierung der römisch-katholischen Kirche letztlich in kei- 10 So im Breve Quod Aliquantum von 1791 (DH 2663). 11 So die Verurteilung der Gewis- sensfreiheit in der Enzyklika Mirari Vos vom 15. August 1832 von Papst Gregor XVI (DH 2730f.); ebenso die Enzyklika Quanta Cura von Pius IX vom 8. Dezember 1864 (DH 2893f) mit der Verurteilung der Religions- freiheit sowie der Trennung von Kir- che und Staat. Im Anhang findet sich der Syllabus mit den Irrtümern der Moderne (DH 290–2980); im Dekret Lamentabili Sane Exitu vom 3. Juli 1907 wurde der aktualisierte Sylla- bus mit den sogenannten Irrtümern der Moderne vorgelegt (DH 3401– 3466), in der Enzyklika Pascendi Do- minici Gregis vom 8.  September 1907 wurden die Irrtümer der Modernis- ten wiederholt (DH  3475–3500). Die Antwort der katholischen Theologie ist ausgesprochen paradox.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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