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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Seite - 123 -
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124 | www.limina-graz.eu Reinhold Esterbauer | Zwischen Hoffnung und Gewalt Verheerend wirkt sich eine solche Sakralisierung von Überzeugungen dann aus, wenn diese auf andere Gewissheiten treffen, die ihrerseits ebenfalls sakralisiert wurden. „Wenn Resakralisierungen nicht auf gewaltlose Be- wegungen stoßen, sondern auch auf der Gegenseite Resakralisierungspro- zesse auslösen, droht die Gewalt gleichsam zu explodieren.“ (Schelkshorn 2014, 259) Denn beide Seiten stehen unter einem vermeintlich unabänder- lichen Anspruch, nicht mehr anders zu können, als einer im Transzenden- ten letztbegründeten Überzeugung zu folgen. Der Antagonismus ist unver- söhnlich geworden. Im Unterschied dazu sieht Levinas eine Möglichkeit, das Heilige auch an- ders zu denken, nämlich als vom Moment des Sakralen gereinigt und in einen ethischen Kontext versetzt. Heiliges, das unabwendbarer Gewalt entkommt, ist für ihn dann gegeben, wenn gegenüber allem Sakralen ein „Atheismus/athéisme“ (Lévinas 1992b, 25/29) waltet, der solcher Verzau- berung durch das Göttliche entkommt. Aus jüdischer Tradition kommend, sieht er die Verehrung des Sakralen als Götzendienst an und setzt ihr den ethischen Anspruch gegenüber, der vom Antlitz des anderen Menschen ausgeht, in das seiner Auffassung nach das wahre Heilige eingeschrieben ist. So kommt gegen ihr sakrales Verständnis eine andere Religiosität in den Blick, die der Freiheit verpflichtet und deshalb in der Lage ist, sich dem Numinosen gegenüber in Distanz zu setzen. Demnach ist gegen die Verfüh- rung, Religion sakral misszuverstehen, eine Religion zu setzen, in der die Freiheit des Menschen selbst durch Göttliches nicht unterminiert werden kann (Plüss 2015, 154), sondern in der Lage ist, Fehlformen von Religion in die Schranken zu weisen. Die Schwierigkeit solcher religiöser Freiheit besteht darin, dass sie aus einer Differenz entsteht (Zeillinger 2015, 131), die zu nivellieren eine nicht zu unterschätzende Versuchung für religiöse Menschen bildet. Wird die Lücke geschlossen, verkommt das Heilige zum Sakralen, und Freiheit wird abermals zum Phantom. Fazit: Anruf des Guten Wenn man heute trotz gegenteiliger naturwissenschaftlicher Versiche- rungen an Freiheit festhält und nicht wie manche Neurobiologinnen und Neurobiologen den Freiheitsbegriff als kulturelle Selbsttäuschung abtut, ist mit der bloßen emphatischen Betonung der Existenz von Freiheit, ins- besondere religiöser Freiheit, allerdings noch nicht allzu viel gewonnen. Wie die Analysen gezeigt haben, steht der Begriff religiöser Freiheit näm-
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
2:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
267
Kategorien
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