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Hildegard Wustmans | Missbrauch – die Verspottung der Freiheit
haft zu versichern, dass sie frei wählen können. Sie selbst entscheiden, was
ihnen hilfreich ist und gut tut.
Den Verantwortlichen in Gemeinschaften und Diözesen kommt vornehm-
lich die Aufgabe zu, Verantwortung zu übernehmen. Sie sind es den Op-
fern schuldig, dass Missstände angesprochen und behoben werden. Opfer
müssen gehört werden. Dabei muss den Bischöfen und Vertreter*innen
der Gemeinschaften klar sein, dass es hier nicht um pastorale Gespräche
und persönliche Betroffenheitsbekundungen geht, die letztlich keine Kon-
sequenzen zeitigen. Für die Opfer ist es schwer auszuhalten, dass es trotz
bestehender kirchlicher Normen keine Sanktionen oder andere erkennba-
ren Konsequenzen (z. B. wahrnehmbarer Abstand von Führungspersonen
zu Täter*innen) gibt. Hier ist eine neue Eindeutigkeit und eine klare Op-
tion für die Betroffenen erforderlich. Zudem braucht es Präventions- und
Anlaufstellen für Betroffene spirituellen Missbrauchs und die Aufarbeitung
dieser Form des Missbrauchs in der Kirche. Vergehen müssen (kirchen-)
gerichtlich verfolgt und bewertet werden.
Und schließlich kommen auch Gott und die Theologie ins Spiel. Wer die
Rede von Gott dazu benutzt, um mit dem Verweis auf Gott selbst zu ma-
nipulieren und eng zu führen, argumentiert letztlich häretisch. Gott will,
dass alle das Leben haben und es in Fülle haben. (Vgl. Joh 10,10) Der christ-
liche Gott ist ein menschenfreundlicher Gott, dafür steht nicht zuletzt sei-
ne Menschwerdung. Theologie in diesem Sinn zu betreiben bedeutet, die
theologici proprii und loci theologici alieni in eine kreative Spannung zu brin-
gen und in dieser zu halten.
„Die Autorität eines Glaubens liegt nicht schon im Glaubensakt selbst be-
gründet, sondern gründet nicht zuletzt auf der Fähigkeit, sich Konfron-
tationen von außen auszusetzen und darin sprachlich zu bestehen. Für
diese Autorität sind drei Dinge nötig: ein hinreichendes Maß an Wissen,
ein realistisches Urteil und der Mut zu den nötigen Aktionen. Mit einem
genealogischen Zugang ergeben sich daraus Gegenpositionen zu mög-
lichen Ausschließungen im theologischen Diskurs. Wer an Gott glauben
will, muss von dem wissen, wie nicht in diesem Glauben gesprochen
Die Verantwortlichen sind es den Opfern schuldig, dass
Missstände angesprochen und behoben werden.
Und schließlich kommen auch Gott und die Theologie ins Spiel.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 267
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven