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Franz Winter | Hat neben Gottes Allmacht der freie Wille noch Platz?
im Zoroastris mus) fundamental ist: der Frage nach dem freien Willen des
Menschen im Gegenüber zum Willen Gottes. Denn mit dieser Fragestellung
wird vieles berührt, was zu zentralen Themen der verschiedenen Theologi-
en dieser Religionen wurde: das Konzept einer Schöpfung der Welt und des
Menschen durch einen Gott, der quasi als allmächtiger Letztverantwort-
licher von allen Dingen dasteht, dem man aber schwerlich die Untaten von
Menschen und das Böse in der Welt umhängen kann. Wenn dazu noch die
Vorstellung eines finalen Gerichtes kommt, in dem die Scheidung zwischen
denen, die in ihrem Leben korrekt, d. h. in den Religionen im Sinne der je-
weiligen Vorgaben, gelebt haben, und denen, die „schlecht“ gelebt haben,
vollzogen wird, stellt sich diese Frage noch um vieles stärker. Denn dann
ist es ja gerade die „Freiheit“ in der Entscheidung, die den Menschen dazu
brachte, richtig oder falsch zu handeln. Was dann wieder das Problem der
(vorausgesetzten) Allmacht Gottes ins Spiel bringt bzw. die Frage, ob Gott
auch will, dass Menschen Schlechtes tun und damit den Weg in die Hölle
finden. Damit ist die Frage nach dem freien Willen ganz eng mit funda-
mentalen Aspekten der Gottesvorstellung der genannten Monotheismen
verbunden.
Andere religiöse Kontexte müssen sich dieser Frage nicht mit dieser Ein-
dringlichkeit stellen. Für den Buddhismus wäre das beispielsweise kein
größeres Thema, weil jede Tat, die ein Mensch setzt, bzw. schon die Ab-
sicht, etwas zu tun, sehr mechanistisch gesehen karmische Konsequenzen
zeitigt, die entweder heilswirksam werden oder eben nicht. Ob das etwas
mit „Freiheit“ zu tun hat oder nicht, stellt sich in diesem Zusammenhang
gar nicht, zumal ja auch die Frage nach dem Ursprung bzw. einer Schöp-
fung dieser Welt nicht relevant ist.
Die Bedeutung der Diskussion in der islamischen Tradition
Wie im Judentum und auch im Christentum gibt es nun auch in der islami-
schen Tradition eine sehr ausführliche Diskussion um genau diese Frage.
Die Eckpfeiler dieser Debatte sind auf der einen Seite mit Themen wie der
Allmacht Gottes und seines Vorherwissens über alle Geschehnisse der Ge-
schichte, das in Form eines primordialen „Buches“ bereits vorliegt, mar-
Die Frage nach dem freien Willen des Menschen im Gegenüber zum Willen
Gottes berührt zentrale Themen der verschiedenen Theologien.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 2:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 2:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 267
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven