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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Seite - 32 -
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32 | www.limina-graz.eu Daniel Pachner | Wirklichkeit und Erfahrbarkeit digitaler Welten tenverarbeitung an sich und der Datenvisualisierung für uns“ (Hartmann 2018, 120) führen. Das innere Funktionieren des Computers wird ebenso unsichtbar gemacht wie der Mensch, da sich von beiden Seiten her nur ein Aspekt aktualisiert. Für den User muss nur angezeigt werden, was zur Be- dienung relevant ist, während der User ebenso nur das von sich sichtbar machen muss, was es zum Bedienen braucht. Dieser unsichtbar-machende Charakter des Interfaces ist aber keine spezielle Eigenschaft digitaler Me- dien, sondern begegnet auch bei anderen Medien. Maurice Merleau-Ponty kommt hier auf ein Beispiel in Bezug auf die Spra- che zu sprechen, das eine Besonderheit digitaler Welten verdeutlicht. Was das Lesen ermöglicht, das „Papier, die Buchstaben darauf, meine Augen und mein Leib, sind nur mehr da als das für einen unsichtbaren Vorgang erforderliche Minimum an Inszenierung“ (Merleau-Ponty 1974, 456). Das Buch als Medium wird im Akt des Lesens in gewisser Weise unsicht- bar, es wird, in der Terminologie von Deleuze, virtuell, um die Aktualität der aus dem Buch heraustretenden und den/die Leser/in einnehmenden Welt hervorzubringen und diese/n in diese Welt eintauchen zu lassen. Die Zwischenstellung des Buches als Medium ist so real wie die Erfahrung der durch das Buch erlebten Welt, doch das bedeutet nicht, dass beide im sel- ben Maße bewusst sind: Es gibt hier ein sich ausschließendes und zugleich bedingendes Verweisen der Buchstaben und der fiktiven Welt aufeinander. Ebenso aber braucht das Entstehen der Welt der Geschichte ein bestimmtes Vermögen (Lesen-Können), ohne welches das Buch unfähig bleibt, diese Welt hervorzubringen: „Ein Kinderbuch erzählt von der Enttäuschung eines kleinen Jungen, der sich der Brille und des Buches der Großmutter bemächtigt hatte und nun glaubte, selbst die Geschichten entdecken zu können, die sie ihm zu er- zählen pflegte. Die Fabel endet mit den Versen: Wo ist denn die Geschich- te? Ich bin genarrt! Ich sehe nichts als Schwarz mit Weiß gepaart! Für das Kind sind die ‚Geschichte‘ und das Ausgedrückte keine ‚Ideen‘ oder ‚Be- deutungen‘, Sprechen und Lesen keine ‚intellektuellen Leistungen‘. Die Geschichte ist eine Welt, die es auf magische Weise zur Erscheinung zu bringen möglich sein muß, indem man sich eine Brille aufsetzt und über ein Buch beugt. (Merleau-Ponty 1974, 456–457) Der unsichtbar-machende Charakter des Interfaces ist keine spezielle Eigenschaft digitaler Medien.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
270
Kategorien
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