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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
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44 | www.limina-graz.eu Georg Gasser | „I0I00I0II ... Ich, digital?“ Einschnitt unter identitätstheoretischer Rücksicht nicht weiter auswirkt, weil das betroffene Individuum als menschlicher Organismus weiterexis- tiert. Ob menschlicher Fötus, erwachsene Person oder dementer Patient – so unterschiedlich sich die jeweiligen Lebensformen in diesen verschie- denen möglichen Stadien menschlichen Daseins auch darstellen – es eint sie alle die Tatsache, dass jeweils ein menschlicher Organismus vorliegt, dessen lebenserhaltende Prozesse durch die Zeit hindurch aufrechterhal- ten bleiben. Es sei an dieser Stelle noch auf eine dritte Option hingewiesen, die besagt, dass unsere Identität in der Zeit in einer Relation sui generis besteht, die von psychologisch oder biologisch bestimmbaren Prozessen zu unterscheiden ist. Wenn wir wesentlich weder psychologisch bestimmbare Personen noch biologisch bestimmbare Organismen sind, sondern z. B. immaterielle See- len (vgl. Swinburne 1984) oder durch eine individuelle Erste-Person-Per- spektive konstituierte Subjekte der Erfahrung (vgl. Nida-Rümelin 2012), so lässt sich unsere Identität in der Zeit nicht auf wie auch immer beschreib- bare Bedingungen zurückführen. Bislang wurde ohne nähere Spezifikation von „Identität in der Zeit“ ge- sprochen. Zu unterscheiden ist allerdings zwischen numerischer bzw. strikter Identität in der Zeit und Kontinuität in der Zeit. Strikte Identität besagt, dass ein- und derselbe Gegenstand in der Zeit besteht, wenngleich bestimm- te qualitative Veränderungen an diesem Gegenstand vorkommen können. Angenommen, das, was mich als Person ausmacht, wird durch meine indi- viduelle und unverwechselbare Erste-Person-Perspektive konstituiert, so bin ich solange ein- und dieselbe Person, solange ich dieselbe Erste-Per- son-Perspektive habe, wenngleich ich mich im Hinblick auf meine sons- tigen psychischen und physischen Eigenschaften verändere – etwa weil ich meinen jugendlichen Jähzorn abgelegt und mir Altersmilde antrainiert habe oder mein braunes Haar im Laufe der Jahre einen grauen Schimmer angenommen hat. Im Unterschied zu „strikter Identität in der Zeit“ besagt „Kontinuität in der Zeit“, dass sich ein Individuum nicht als numerisch identisch in der Zeit durchhalten muss, sondern zwischen verschiedenen Individuen eine Beziehung der Kontinuität bestehen kann. Kontinuität unterliegt nicht der Logik der Eindeutigkeit, d. h. Identität ist nicht entweder gegeben oder Es ist zu unterscheiden zwischen „strikter Identität in der Zeit“ und „Kontinuität in der Zeit“.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
270
Kategorien
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